Zu viele Ausnahmen: Richter kippen Sarkozys Klimasteuer

Frankreichs Präsident wollte zum Jahreswechsel eine Ökosteuer in Kraft setzen. Wegen der vielen Ausnahmen in Industrie und beim Stromkunden vorbot das Vervassungsgericht diese.

Da konnte er noch mit der Klimasteuer angeben: Sarkozy vor zwei Wochen auf dem UN-Klimagipfel. Bild: dpa

Das französische Verfassungsgericht schickt das Klimasteuergesetz mit der Note mangelhaft, also verfassungswidrig, zurück an den Absender. Die Regelung sehe so viele Ausnahmen vor, dass sie ihren Zweck gar nicht erfüllen könne. Dass die neun Richter die Arbeit des Gesetzgebers so streng zerpflücken, kommt selten vor. In der Regel bemängeln sie nur Teilaspekte von Gesetzesvorhaben.

Das Gesetz hätte zum 1. Januar in Kraft treten sollen. Ab dann sollte jede Tonne CO2, die Privatleute oder Unternehmen produzierten, mit einer Steuer von 17 Euro belegt werden. In ihrer Begründung zählen die Richter nun penibel die Sektoren auf, die die Regierung aus Rücksicht auf ökonomische Interessen von der Abgabe ausnehmen wollte. Es handle sich ausgerechnet um die Industrieunternehmen und Aktivitäten, die die meisten Klimagase ausstoßen: Raffinerien, Zement- und Glasfabriken, aber auch die zivile Luftfahrt sowie der Güter- und Personentransport auf der Straße.

Dass die Steuer beispielsweise den ohnehin mit Existenznöten kämpfenden Landwirten oder Küstenfischern erspart würde, hätten die Richter wahrscheinlich noch toleriert. Bei ihrer Analyse kommen sie aber zum Schluss, dass das Klimagesetz "93 Prozent aller industriellen Abgase" nicht erfasst und insgesamt weniger als die Hälfte des gesamten CO2-Ausstoßes in Frankreich betreffen würde. Damit verstoße es gegen das Prinzip der Gleichbehandlung, das zu den Grundpfeilern der französischen Verfassung gehört.

Letztlich wären es nur die privaten Haushalte sowie die gewerblichen Kleinunternehmen und Geschäfte gewesen, die für den Kampf gegen die globale Erwärmung Abgaben auf Benzin und Diesel sowie auf ihre Heizung mit Gas oder Öl zahlen müssten.

Die Grünen und diverse Umweltschutzorganisationen hatten den Vorstoß zu einer Energiesteuer zunächst vehement begrüßt. Das Ergebnis der Parlamentsdebatte erschien ihnen aber so "zusammengeflickt, ineffizient und ungerecht", dass sie ihre eigenen Ziele einer "ökologischen Steuerpolitik" nicht mehr wiederzuerkennen vermochten.

Für Präsident Nicolas Sarkozy, der mit der CO2-Abgabe als Kernstück seiner Klima- und Umweltpolitik in Europa reüssieren wollte, bedeutet das Urteil hingegen einen schweren Rückschlag. Zwar kündigte sein Premierminister François Fillon sofort an, er werde bis zum 20. Januar eine neue Vorlage ausarbeiten lassen.

Dabei steht die Staatsführung aber vor dem gleichen Dilemma: Eine höhere und breiter gefächerte Belastung des Energieverbrauchs tangiert wirtschaftliche Interessen und würde darum von vielen in der rechten Regierungspartei UMP bekämpft, denen Sarkozy ohnehin zu "grün" vorkam. Eine weitergehende Reduktion der steuerlichen Belastung fossiler Energien dagegen müsste das Gesetz definitiv seines Sinns entleeren.

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