Zerstörung von Weltkulturerbe: Neuer Fall für das Weltgericht

Der Internationale Strafgerichtshof befasst sich nun auch mit der Zerstörung von Weltkulturerbe. Es steht erstmals ein verdächtiger Islamist vor Gericht.

Eine Lehmmoschee in Timbuktu.

Eine der Lehmmoscheen in der Wüstenstadt Timbuktu. Foto: dpa

ABUJA taz | Die Mausoleen und Moscheen in der historischen Wüstenstadt Timbuktu in Mali könnten bald erneut Geschichte schreiben. Denn zum ersten Mal soll die Zerstörung von Gebäuden, die zum Weltkulturerbe der Unesco gehören, nicht ungestraft bleiben. So will es der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag. Mit Ahmad al Mahdi al Faqih ist nun ein mutmaßlicher Fundamentalist verhaftet und Den Haag überstellt worden.

Der Mann, der auch als Abu Turab bekannt ist, soll 2012 die Verwüstung der religiösen Stätte angeordnet und sich selbst daran beteiligt haben. Verschiedenen Informationen zufolge soll er sich 2011 oder 2012 der islamistischen Gruppe Ansar Dine (Verfechter des Glaubens) angeschlossen haben. Nach einem Staatsstreich im März 2012 und der chaotischen Sicherheitslage in Nordmali war es ihr gelungen, Timbuktu zu besetzen.

Während ihrer knapp zehnmonatigen Herrschaft zerstörten Mitglieder der Gruppe 14 von 16 Mausoleen (Gräber muslimischer Heiliger), was für einen weltweiten Aufschrei sorgte. Gemeinsam mit den jahrhundertealten Lehmmoscheen gehören diese bereits seit 1988 zum Weltkulturerbe der Unesco. Damit haben die Fundamentalisten ein Kriegsverbrechen begangen, argumentiert nun der Weltgerichtshof. Chefanklägerin Fatou Bensouda nannte die Zerstörung „einen feigen Angriff auf Würde und Identität ganzer Bevölkerungen, ihrer religiösen und geschichtlichen Wurzeln“.

Timbuktu litt unter der Besetzung der Islamisten mehr als andere Orte in Nordmali. Ansar Dine versuchte, die Stadt, die über Jahrhunderte ein Zentrum für muslimische Gelehrte, Mathematiker, Philosophen und Händler war, einer rigiden Auslegung des Islam zu unterwerfen. Junge Mädchen wurden zwangsverheiratet, Menschen, die sich in den Augen der Fundamentalisten nicht an ihre Auslegung des Korans gehalten hatten, gesteinigt und Bewohner zum Denunzieren aufgefordert.

Dabei galt die Stadt stets als ein Ort der Toleranz und des Gedankenaustauschs. Das spiegelten auch die alten Manuskripte wider, die von Generation zu Generation vererbt wurden, sowie die weltbekannten Lehmmoscheen und Mausoleen. Die Kämpfer von Ansar Dine sahen darin aber eine Art Götzenverehrung. Mit der Zerstörung trafen sie die Bewohner ins Mark.

Anders gingen die Besetzer in der nordmalischen Handelsstadt Gao, die nach dem Staatsstreich in die Hände der Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika (Mujao) gefallen war. Auch deren Kämpfer galten als brutal und stellten Musik und Tanz unter Strafe, vergriffen sich jedoch nicht an historischen Gebäuden. In Gao haben sie, so Augenzeugen, den Bewohnern das so erklärt: „Ihr verehrt die Gebäude nicht als solche. Das tun nur die Menschen in Timbuktu.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.