Zentralafrikanische Republik: Warnungen vorm Völkermord

Frankreich drängt auf UN-Beschluss zum Eingreifen gegen ausufernde Gewalt. Präsident Djotodia verhandelt mit dem ugandischen Warlord Joseph Kony.

Erst Rebellenführer, nun Staatsschef: Michel Djotodia. Bild: dpa

BERLIN taz | Eine internationale Militärintervention in der Zentralafrikanischen Republik wird immer wahrscheinlicher. Das Land befinde sich „am Rande des Völkermords“, sagte Frankreichs Außenminister Laurent Fabius am Donnerstag. „Die UNO wird afrikanischen Streitkräften, der Afrikanischen Union und auch Frankreich die Genehmigung zum Eingreifen erteilen“, kündigte er an. Ein Beschluss wird für Anfang Dezember erwartet.

Am Dienstag hatte bereits der Afrikabeauftragte des US-Außenministeriums, Robert Jackson, von einer „Prägenozid-Situation“ gesprochen. Die Zentralafrikanische Republik befindet sich seit einem Jahr im Bürgerkrieg. Ende März hatte die Rebellenkoalition Séléka den Präsidenten François Bozizé gestürzt.

Als Staatschef schafft es Séléka-Führer Michel Djotodia allerdings nicht, das Land zu befrieden. Die verschiedenen Rebellenarmeen, die sich zum Sturz Bozizés unter dem Namen Séléka zusammengeschlossen hatten, agieren außerhalb jeder Kontrolle, trotz wiederholter Ankündigungen, die bis zu 20.000 Rebellenkämpfer zu demobilisieren. Während sich Übergriffe und Morde häufen, greifen immer mehr lokale Milizen gegen die neuen Herren zu den Waffen.

Im September starben bei Kämpfen in den Städten Bossangoa und Bouca über 100 Menschen. Dabei war zu beobachten, dass die Auseinandersetzungen einen religiösen Charakter annehmen: Die Séléka-Kämpfer sind Muslime, ihre Gegner Christen. Inzwischen heißen die regierungsfeindlichen Milizen kollektiv „Antibalaka“ (Gegen die Macheten) und unterhalten regelrechte Militärstützpunkte. Bozizé-treue Politiker sollen sie aus dem Ausland finanzieren. Bei Bouca brachen diese Woche erneute schwere Kämpfe aus.

Selbst die Hauptstadt Bangui sei, so das dortige UN-Büro am Montag, „seit über einer Woche Schauplatz eines Wiederaufflammens der Gewalt, gekennzeichnet von bewaffneten Raubüberfällen sowie summarischen und außergerichtlichen Hinrichtungen“.

Truppen werden aufgestockt

Der UN-Sicherheitsrat hat schon beschlossen, ab 19. Dezember die bereits in Bangui stationierten Friedenstruppen aus afrikanischen Nachbarländern, rund 2.500 Soldaten, zu einer 3.600 Mann starken Eingreifmission Misca (Internationale Unterstützungsmission für Zentralafrika) auszubauen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon schlug letzte Woche vor, die Misca in eine bis zu 9.000 Blauhelme starke UN-Mission zu verwandeln. Frankreich, das 400 Soldaten permanent am Flughafen von Bangui stehen hat und dieses Kontingent auf 1.200 aufstocken will, trommelt kräftig für eine solche Lösung, bei der es die Führung hätte.

Frankreich fürchtet, dass die Zentralafrikanische Republik unter der muslimisch dominierten Séléka-Regierung zum Rückzugsgebiet radikaler Islamisten wird, die dieses Jahr ihre Basen in Mali an französische Eingreiftruppen verloren. Die USA fürchten, dass der für Massenentführungen von Kindern bekannt gewordene und mit internationalem Haftbefehl gesuchte ugandische Warlord Joseph Kony mit seiner Miliz LRA (Widerstandsarmee des Herrn) Zuflucht bei Séléka findet. Unter US-Führung gehen regionale Eingreiftruppen bereits im Südosten des Landes gegen die LRA vor.

Präsident Djotodia bestätigte am Donnerstag, dass er mit Kony in Kontakt steht - angeblich um die Bedingungen seiner Kapitulation zu eruieren. Der Warlord befände sich mit 7.000 Anhängern an einem ungenannten Ort; man versorge ihn mit Lebensmitteln, so der zentralafrikanische Staatschef.

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