Zensur in Dänemark: Verfassungsschutz stoppt Buch

Weil der Geheimdienst ein Manuskript nicht vorab einsehen durfte, lässt er es verbieten. Das liberale Blatt „Politiken“ druckt das Werk ab.

weiße und rote Schrift

Ein Teil des Covers kontroversen Werkes Foto: ap

STOCKHOLM taz | Hat sich eine dänische Zeitung einer „schweren Kränkung des Rechtsstaats“ schuldig gemacht, wie Justizminister Søren Pind ihr vorwirft. Oder hat sie sich nur gegen einen Zensurversuch gewehrt, der „die gesamte Pressefreiheit untergraben würde“, wie es der Chefredakteur sieht?

Darüber ist in Dänemark eine Kontroverse ausgebrochen, nachdem die liberale Politiken am Sonntag in einer Sonderbeilage den gesamten Text eines Buchs veröffentlichte, dessen Verbreitung eine gerichtliche Anordnung ausdrücklich untersagt hatte.

In dem vom Politiken-Redakteur Marten Skjoldager geschriebenen „Syv år for PET“ („Sieben Jahre für PET“) geht es um Jakob Scharf, Exchef des dänischen Verfassungsschutzes PET. Eine Quelle des Buchs: Scharf selbst, mit dem der Journalist mehrere Interviews führte. PET hatte am Freitag ein vorläufiges Verbot gegen die Buchherausgabe erwirkt. Die von einem Gericht in Kopenhagen akzeptierte Begründung: Man habe vorab keine Einsicht in das Manuskript erhalten und „nicht untersuchen können, ob es vertrauliche Informationen enthält“.

„Wieso glauben die das Recht zu haben, Journalismus zensieren zu können“, empört sich Jakob Kvist, Direktor des People’s Press-Verlags. Ja, PET habe gefordert, das Manuskript vorab zu bekommen. „Aber das haben wir natürlich abgelehnt.“ Schließlich gebe es in Dänemark keine Vorzensur. Müsse man PET in Zukunft jede Zeitungsausgabe vorlegen, bevor sie in Druck gehe oder „bekommen sie das Recht, TV-Interviews abbrechen zu dürfen“?

Verfügung um zwei Uhr morgens

Die Geschichte eskalierte, als PET in der Nacht zum Samstag versuchte, das Erscheinen der vom gleichen Verlag wie Politiken herausgegebenen Boulevardzeitung Ekstra Bladet zu stoppen, die in ihrer Samstagausgabe auf vier Seiten Teile des Inhalts von „Syv år for PET“ veröffentlichte.

Vergeblich. Denn als man um 2 Uhr eine gerichtliche Verfügung erwirkt hatte, war die Zeitung schon zu Abonnenten und Verkaufsstellen unterwegs und ihre elektronische Version erschienen. Chefredakteur Poul Madsen beklagte „groteske Methoden, die eines Polizeistaats würdig sind“: „Zensur einer freien und unabhängigen Presse“ und das auch noch aufgrund eines „Geheimprozesses um Mitternacht“.

„Wir respektieren gerichtliche Entscheidungen“, begründete Politiken-Chefredakteur Christian Jensen den Beschluss, am folgenden Tag das gesamte Buch zu veröffentlichen: Nehme man hin, dass ein Verfassungsschutz „ohne konkreten Verdacht verlangen könne Bücher – oder Zeitungsartikel – zur Vorablektüre zu erhalten, würden wir einen Sicherheitsdienst als publizistische Kontrollinstanz akzeptieren“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.