Zensur bei Cambridge University Press: Pekings Komplizen

Der älteste Verlag der Welt, Cambridge University Press, erfüllt Zensurwünsche der chinesischen Regierung – und rudert dann zurück.

das Porträt von Andy Warhol auf einer Internetseite

Die Petition, die den Verlag zur Rücknahme der Zensur bewegte Foto: ap

Chinas „great firewall“ zensiert internationale Texte im nationalen Netz so erfolgreich, wie die chinesische Mauer internationale Eindringlinge schon seit jeher abwehrt. Große Mauern sind beliebt in China.

Dass die ZENSUR jetzt auch immer mehr akademische Texte betrifft, ist neu. Was noch viel mehr schockiert, ist, dass die Cambridge University Press (CUP), der älteste Verlag der Welt, Chinas Spiel mitspielt: Letzte Woche blockierte der Verlag 300 Artikel auf Forderung der chinesischen Regierung, die in dem vom CUP herausgegebenen Journal China Quaterly erschienen sind. Betroffen waren Texte, die sich unter anderen mit Mao Zedongs Kulturrevolution, Hongkongs Kampf um Demokratie oder den Spannungen in Tibet befassten.

Nachdem der Herausgeber des Journals, Tim Pringles, durch einen öffentlichen Brief auf das Verhalten seines Verlages aufmerksam machte, prangerten viele Kritiker die CUP als Komplizen der Regierung an. Diese würde sich aktiv an der Zensurpolitik beteiligen. Die CUP verteidigte sich damit, dass sie mit ihrem Vorgehen sichergehen wollte, dass andere Artikel in China verfügbar blieben.

Die internationale Empörung nahm jedoch immer weiter zu. Andrew Nathan, ein von der Zensur betroffener Autor, sagte dem Guardian: „Wenn der Verlag den chinesischen Forderungen nachkommt, die ausgewählten Artikel zu blockieren, verletzt er das Vertrauen, das die Autoren ihm geben und schadet seiner Integrität als wissenschaftlichem Verleger.“

Verlag reagiert auf Boykottdrohung

Am Montag erreichte die Empörung ihren Höhepunkt, als Wissenschaftler aus der ganzen Welt in Form einer Petition die CUP dazu aufforderten, ihre Entscheidung zurückzunehmen und gleichzeitig mit einem Boykott des Verlags drohten.

Daraufhin revidierte die Cambridge University ihre Entscheidung und sprach sich außerdem in einem Post auf Weibo – der chinesischen Version von Twitter – gegen die Zensurpolitik Chinas aus: „Akademische Freiheit ist das vorrangige Prinzip, auf dem die Universität Cambridge basiert“, hieß es da.

Der Post stieß auf gutes Feedback, wurde 2.600-mal geteilt und mit 525 positiven Bemerkungen kommentiert. Doch das neue Glück währte nicht lange: Bereits nach zwölf Stunden konnte der Post nicht mehr gefunden werden. Das kleine Tor in Chinas „great firewall“ wurde geschlossen. Trotzdem spricht Andrew Nathan von einem „unumkehrbaren Schaden“ am Ruf des Verlags.

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