Zensierter Wettbewerb in Hamburg: Bitte nicht zu kritisch

Ein Hamburger Verkehrsbetrieb stoppt den Entwurf eines Schülers, der auf einen Bus gemalt werden sollte. Er ist wohl zu politisch.

Zu kritisch?: Der Gewinner-Entwurf beim Paintbus-Wettbewerb. Bild: Julia Muhs

HAMBURG taz | Die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) haben Probleme mit dem kritischen Bild eines Zehntklässlers, das sie eigentlich auf einen ihrer Bus malen lassen wollten. Der Schüler nahm das Motto des diesjährigen Paintbus-Wettbewerbs, das „Hamburg verkehrt“ lautete, beim Wort und malte, was in seinen Augen in der Stadt verkehrt läuft. Damit gewann er den ersten Preis. Doch das Ergebnis geht dem Unternehmen offenbar zu weit.

Der Schüler der Ida-Ehre-Schule malte Flüchtlinge der Lampedusa-Gruppe, die von Anzugträgern mit roten Krawatten weggeschoben werden, die Elbphilharmonie als Grab und die Proteste um die Rote Flora.

„Wir unterstützen das Projekt Paintbus gerne und stellen auch gerne unsere Busse dafür bereit“, sagt VHH-Sprecher Martin Beckmann, doch in diesem Jahr biete einer der Entwürfe Anlass zur Interpretation. „Als öffentliches Unternehmen sehen wir Abstimmungsbedarf“, so Beckmann.

Eigentlich war die Entscheidung bereits vergangene Woche gefallen. Da wählte eine 17-köpfige Jury von LehrerInnen, MuseumspädagogInnen und VertreterInnen der Verkehrsbetriebe aus insgesamt 822 Entwürfen die beiden Gewinner aus. Deren Bilder sollten dann also demnächst auf zwei Hamburger Bussen durch die Stadt fahren. Seit 1999 ist der Wettbewerb einer der erfolgreichsten Schülerwettbewerbe in Hamburg. Einen Vorfall wie in diesem Jahr gab es noch nie.

„Das geht gar nicht“

Auch innerhalb der Jury gab es im Vorfeld eine Diskussion über ein Detail des anschließenden Gewinnerentwurfs. Ein brennender Molotow-Cocktail in der Hand eines Jugendlichen sei moniert worden, erklärt Cläre Bordes von der Stadtteilschule Stellingen, die Wettbewerb und Jury leitet.

Die strittige Frage in der Runde war: Handelt es sich um die Dokumentation der gegenwärtigen Situation oder um einen Aufruf zur Gewalt. Der Schüler sei dann noch einmal um Nachbesserung gebeten worden – er sollte die Flammen in eine Klobürste oder Blumen umwandeln. Er entschied sich für die Blumen.

Doch dann lehnten die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein das ganze Bild ab – man wolle für dieses Bild keinen Bus zur Verfügung stellen. Jury-Leiterin Bordes ist von diesem Vorgehen entsetzt. „Das geht gar nicht“, sagt sie. „Weil ein Entschluss einer demokratischen Jury nicht zensiert werden kann.“ Beim Wettbewerb hätte der Schüler die Situation in der Stadt dokumentiert, sagt sie. Das Vorgehen der Verkehrsbetriebe sei nicht akzeptabel.

Andreas Huber von der HVV-Schulberatung, die den Wettbewerb auch in Zusammenarbeit mit der Schulbehörde veranstaltet, will sich gegenüber der taz vorerst nicht äußern. Es werde nun VHH-intern noch einmal nachverhandelt. Die endgültige Entscheidung soll am heutigen Freitag fallen. Wettbewerbsleiterin Bordes ist dennoch zuversichtlich, dass trotz aller Differenzen bald ein Bus mit dem Motiv durch die Stadt fahren wird.

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