Zehn Jahre nach der Lehman-Pleite: Krisenwissen für die Kneipe

Was war da noch mal los? Die wichtigen Schlagwörter zum Finanzdesaster im Jahr 2008 und zu seinen langjährigen Folgen.

dunkle Wolken hängen über zwei Türmen mit dem Logo der Deutschen Bank _ Finanzkrise

Geschäfte in der Grauzone: Manager der Deutschen Bank haben die Finanzkrise mit ausgelöst Foto: dpa

BERLIN taz | Die Finanzkrise 2008 hat jede Menge Jargon aus der Bankenwelt in die Nachrichten gespült. Hinter diesen bürokratischen Begriffen verbergen sich Vorgänge, die in das Leben von Milliarden Menschen eingegriffen haben – und immer noch eingreifen.

Es beginnt mit dem Ursprung der Misere: der Subprime-Krise. Der Begriff Subprime bedeutet zweitklassig. Die Finanzkrise geht auf Kredite für Immobilien zurück, die US-Banken zu Beginn des Jahrtausends an Kunden mit geringer Bonität vergaben. Es handelte sich also nicht um erstklassige „Prime“-Kunden, sondern um problematische Kreditnehmer. Sie hatten oft noch nicht einmal ein Einkommen, sondern spekulierten darauf, dass die Hauspreise weiter steigen würden.

Die Folgen: Die Preise auf dem Immobilienmarkt explodierten. Bei den Krediten, die die Blase finanzierten, war in vielen Fällen vorhersehbar, dass die Kunden sie nicht tilgen konnten. Auch die Deutsche Bank mischte bei diesem Geschäft in den USA kräftig mit.

Um das Risiko loszuwerden, fassten die Banken massenhaft die schlechten Kredite in sogenannten Verbriefungen zusammen und stellten so Wertpapiere her, die Collateralized Debt Obligations (CDO). Banken konnten so die vielen „faulen“ Kredite in ihren Büchern aus den eigenen Bilanzen auslagern und zu einem handelbaren Gut machen.

Ulrike Herrmann im taz-Pod­cast zum Jahrestag der Lehman-Pleite. Ab Freitagmittag auf www.taz.de/podcast.

Diese faulen Papiere ließen die Banken von Ratingagenturen wie Standard & Poor’s oder Moody’s bewerten. Die faulen Wertpapiere erhielten von den Agenturen Bestnoten. Das bedeutet: Die Analysten verwandelten Papiere mit extrem hohen Risiken in scheinbar sichere, rentable Kapitalanlagen.

Extremer Wertverlust

Banken sowie Investoren kauften diese Papiere ohne eigene Prüfung. Als immer mehr Bankkunden in den USA ihre Kredite nicht bedienen konnten, wurden deren Häuser versteigert. Die Preise fielen, die Häuser reichten nicht mehr als Sicherheit aus. Die CDO wurden zu Junk-Bonds, zu Wertpapieren mit hoher Ausfallwahrscheinlichkeit.

Der Wertverfall hatte für Banken und Anleger drastische Folgen, denn ihr Vermögen war extrem geschmolzen. In den USA mussten die beiden größten Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac Anfang September 2008 verstaatlicht werden. Als am 15. September 2008 die Investmentbank Lehman Brothers kollabierte, schritt die US-Regierung dagegen nicht ein. Schockwellen erschütterten die Finanzwelt. Banken gingen pleite, Anleger verloren viel Geld, unzählige Hausbesitzer ihr Zuhause, Beschäftigte ihren Arbeitsplatz.

Die US-Regierung reagierte auf die Krise mit dem Dodd-Frank-Act. Das Gesetz schränkte hochspekulative Geschäfte ein, Unternehmen wurden unter Zwangsverwaltung gestellt. Stresstests für Banken wurden eingeführt, die Marktentwicklungen simulierten und so Probleme frühzeitig sichtbar machen sollen.

Die Abwarckprämie

Auch deutsche Banken gerieten in den Sog der Krise. Landesbanken, die Kreditinstitute der Bundesländer, hatten im großen Stil in CDO investiert. Die Commerzbank hatte im August 2008 die Dresdner Bank vom Versicherungskonzern Allianz übernommen – und sich dabei überhoben. Sie geriet ebenso in die Bredouille wie die Hypo Real Estate und die IKB. Die Große Koalition richtete im Oktober 2008 den Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) ein, der die Übernahme von Risiken bis zu 470 Milliarden Euro vorsah.

Um die Papiere mit den schlechten Krediten aus den Bilanzen zu tilgen, wurden Bad Banks gegründet, separate Firmen, auf die die Risiken abgewälzt werden sollten.

Die Finanzkrise sprang schnell auf die Realwirtschaft über. Der Welthandel brach so stark ein wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Die weltweite Produktion von Stahl ging drastisch zurück, auch andere Industrien wie die Auto­branche litten.

Die Bundesregierung reagierte darauf mit der Abwrackprämie für Autobesitzer, die ihren Wagen verschrotten und sich einen neuen kaufen sollten.

Das Griechenland-Drama

Der Finanzkrise folgte die Euro-Krise. Die Euroländer Irland und Spanien litten an einer eigenen Immobilienkrise, Portugal und Griechenland waren überschuldet. Griechenland stand mehrmals vor dem Rauswurf aus dem Euro.

Nach langen Diskussionen einigten sich die Gläubiger auf einen Haircut, einen Schuldenschnitt. Griechenland wurde so 107 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten los.

Die EU spannte den Rettungschirm EFSF auf (später ESM), um den Staatsbankrott angeschlagener Länder zu verhindern. Griechenland erhielt bei drei Rettungsprogrammen 289 Milliarden Euro Hilfe. Auch Portugal, Irland, Spanien sowie Zypern bekamen Gelder im hohen zweistelligen Milliardenbereich.

Die Folgen der Krise bleiben aktuell: Noch immer haben viele Menschen in Südeuropa keinen Job. Auch Deutschland ist noch betroffen. Die Europäische Zentralbank EZB hält die Zinsen nämlich weiter niedrig, damit Unternehmen billig an Geld kommen und investieren.

Aber die Firmen zögern. Deshalb fordern viele Ökonomen mehr staatliche Investitionen im Norden und Konjunkturspritzen für Südeuropa. Weil die Zinsen so niedrig sind, fließt zudem viel Geld in Immobilien, was Mieten und Hauspreise hochtreibt. Andererseits werfen klassische Sparkonten kaum noch Zinsen ab, die private Altersvorsorge vieler leidet unter den niedrigen Zinsen. Und: Die Milliarden, die in die Bankenrettung geflossen sind, fehlen bei der Sanierung der öffentlichen Infrastruktur.

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