Wohnungsbau mit Haken: Hochhaus weg, Wohnungen her

Auf der Grenze zwischen Ottensen und Bahrenfeld soll ein neues, verdichtetes Wohnquartier dort entstehen, wo bislang das Hermes-Hochhaus steht.

Weniger Etagen, mehr Wohnraum: das Hermes-Hochhaus soll weg. Bild: San Andreas/Wikipedia/GNU FDL

HAMBURG taz | Das „Wahrzeichen von Bahrenfeld“ liegt eigentlich knapp in Ottensen. Doch das ist bald egal – denn seine Tage sind gezählt. Das Hermes-Hochhaus, welches an der Friedensallee, nahe der Grenze zwischen beiden Stadtvierteln thront, soll spätestens 2018 abgerissen werden. Weil eine Sanierung des 86 Meter hohen 23-Stöckers – der schlecht gedämmt immense Energie schluckt – aus Sicht von Euler-Hermes zu teuer ist, will der Versicherungskonzern auf ein benachbartes Gelände an der Gasstraße umziehen und dort neu bauen.

Der Kreditversicherer ist bereits im Besitz von entsprechenden Grundstücken. Auf dem bisherigen Gelände soll der Immobilienkonzern Quantum, der das Gelände für einen zweistelligen Millionenbetrag ersteht, derweil 500 bis 600 neue Wohnungen erstellen. Als Projektentwickler ist die in ganz Deutschland tätige Hamburger „D&K drost consult GmbH“ mit an Bord.

Dieses städtebauliche Hermes-Paket hat sich jetzt auch die Altonaer SPD zu eigen gemacht, die mit den anderen Fraktionen der Altonaer Bezirksversammlung (BV) im Oktober von Euler-Hermes über die Abriss- und Neubaupläne ausführlich informiert wurde. Die Sozialdemokraten wollen nun auf der BV-Sitzung am 27. November die Einleitung eines entsprechenden Bebauungsplan-Verfahrens anstoßen und können dabei mit breiter Zustimmung rechnen.

Sozialer Wohnungsbau

1. Elbphilharmonie, Hafencity: 110 Meter, 25 Etagen. Baubeginn 2007. Fertigstellung noch in diesem Jahrhundert.

2. Radisson SAS Hotel am Dammtor: 108 Meter, 32 Geschosse, Fertigstellung 1973.

3.+4. Mundsburg Türme: 101 und 97 Meter, 1973 und 1975 fertiggestellt, bis zu 29 Geschosse.

5. Emporio (früher Unilever-Haus): 1964 gebaut, 2011 aufgestockt, 98 Meter, 24 Geschosse.

6. Berliner Tor Center I und II: 90 Meter, 22 Geschosse, 2004 fertig.

7. Atlantic-Haus, St. Pauli: 88 Meter, 21 Geschosse, 2007 fertig.

8. Hermes-Hochhaus: 86 Meter, 23 Geschosse, 1981 gebaut.

9. Tanzende Türme, Reeperbahn: 85 Meter, 24 Etagen, 2012.

10. Geomatikum der Uni: 85 Meter, 20 Stockwerke, 1975 fertig.

Das Ziel der Sozis: Auf der Fläche am S-Bahnhof Bahrenfeld sollen 30 Prozent der geplanten Wohneinheiten im sozialen Wohnungsbau entstehen. „Darauf müssen wir achten, um die Akzeptanz des Projekts zu bewahren“, ahnt der Altonaer SPD-Fraktionschef Thomas Adrian. Er geht davon aus, das der Bebauungsplan im kommenden Jahr soweit vorangeschritten ist, dass im Herbst 2015 ein zweistufiger Architektenwettbewerb eingeleitet werden kann.

2016 könnten dann die ersten Baugenehmigungen erteilt werden. Neben der Neuen Mitte Altona (3.600 Wohnungen) und den Othmarscher Höfen (1.000 Wohnungen) würde damit innerhalb kurzer Zeit ein drittes großes und zentral gelegenes Neubauquartier in Altona in Angriff genommen werden. Altona hätte damit seine Wohnbauverpflichtungen gegenüber dem Senat auf absehbare Zeit übererfüllt.

Allerdings erfordert die Erstellung von 600 Wohnungen auf dem etwa drei Hektar großen Areal eine sehr dichte oder hohe Bebauung. Sowohl SPD als auch CDU können sich an dieser Stelle auch Wohnblöcke mit mehr Stockwerken vorstellen, als in Hamburg derzeit üblich. Hier aber blockt die Linke, die das Ottensener Wohnprojekt ansonsten begrüßt. „Einer Bebauung mit mehr als sechs Geschossen werden wir an dieser Stelle definitiv nicht zustimmen“, kündigt Linken-Fraktionschef Robert Jarowoy an.

Und es gibt noch weitere Probleme: Direkt neben dem geplanten Wohngebiet entsteht auf dem ehemaligen Kolbenschmidt-Gelände derzeit im Rahmen des Bebauungsplans Ottensen 66 ein neues Gewerbegebiet, in dem auch lärmintensivere Zünfte – etwa eine Motorradwerkstatt – ihren Platz finden sollen.

Doch die vertragen sich schlecht mit der geplanten Wohnbebauung, die auf der anderen Seite zudem durch die S-Bahn-Gleise begrenzt wird. „Das wird architektonisch eine sportliche Aufgabe“, glaubt Thomas Adrian. Möglich sei etwa ein zusätzlicher Gewerbe- oder Büroriegel zwischen dem Kolbenschmidt- und dem Hermes-Gelände als Lärmschutzwall, aber auch eine Wohnbebauung, die Küchen, Bäder, Flure und Abstellkammern in Richtung Gewerbe ausrichtet, die Wohn- und Schlafräume aber in Richtung Wohngebiet.

Die Linke hingegen setzte im Planungsausschuss Anfang November durch, das sogenannte „störende“, weil laute Gewerbe innerhalb des Kolbenschmidt-Areals so von der geplanten Wohnbebauung weg zu verlagern, dass sich die absehbaren Nachbarschaftsprobleme minimieren.

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