Wochenend-Wahlbilanz (3): Michael Müllers wirklich letzte Chance

Sondierungsgespräche im Roten Rathaus laufen auf Hochtouren: Hauptsache, es spricht keiner über das Wahldebakel des SPD-Frontmanns.

Der Regierende Bürgermeister Michael Müller nach dem Sondierungsgespräch mit Klaus Lederer (Linke) Foto: dpa

Vielleicht hat Michael Müller ja Glück. Weil die CDU am Wahlabend ein noch schlechteres Ergebnis eingefahren hat als die SPD des Regierenden Bürgermeisters, musste Frank Henkel seinen Rücktritt anbieten. Ein Teil des politischen Berlin diskutiert seitdem, ob die Hauptstadt-CDU mit einer Quasi-Doppelspitze mit Monika Grütters und Mario Czaja wieder das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler zurückgewinnen kann. Hauptsache, es spricht keiner über das Wahldebakel des ziemlich schmallippig gewordenen SPD-Frontmanns.

Auch dass in dieser Woche die Sondierungsgespräche im Roten Rathaus begonnen haben, kann Michael Müller auf der Habenseite verbuchen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass am Ende von Sondierungen und Koalitionsverhandlungen Rot-Rot-Grün stehen dürfte.

Die Berlinerinnen und Berliner schreckt das nicht ab. Von allen Dreierkoalitionen, die möglich sind, ist ihnen ein Bündnis aus SPD, Linken und Grünen das liebste. Wieder einmal Glück für Müller, denn so ist die Trennung von seiner langjährigen Sprecherin Daniela Augenstein bald vergessen. Und auch, dass Müller auf dem Weg an die Spitze immer weniger Skrupel zu haben scheint.

Doch der Grat ist dünn für den 51-jährigen. Gerade weil zum Ende des Wahlkampfes zu sehen war, wie sehr Michael Müller unter Druck steht, dürften die Koalitionsgespräche seine letzte Chance sein, den Schalter noch einmal umzulegen. Anders als Erwin Sellering in Mecklenburg-Vorpommern oder Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz hat es „Müller, Berlin“ nicht geschafft, einen formidablen Schlussspurt hinzulegen.

Müller braucht ein erfolgreiches Senatsbündnis

Im Gegenteil: Noch in der Wahlnacht war sein Ergebnis von Stunde zu Stunde geschrumpft. Als die SPD 1999 mit 22,4 Prozent ihr bis dahin schlechtestes Ergebnis eingefahren hatte, titelte die taz „SPD deutlich über Fünfprozenthürde“. Und diesmal?

Wenn die SPD nicht weiter im Sinkflug bleiben will, braucht Müller ein handlungsfähiges und erfolgreiches Senatsbündnis. Es geht um Vertrauen, das die Landesregierung, das die Verwaltung, das die Bürgerämter wieder zurückgewinnen müssen. Es ist ein Büßerdienst am Berliner Bürger, den Rot-Rot-Grün, vor allem aber Müller leisten muss. Ob er kann? Falsche Frage. Er muss. Oder das war’s.

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