Windkraft: Wacklige Zukunft für Nordseewerke

Die zum Windpark-Zulieferer umfunktionierte Siag-Werft sucht weiter einen Eigentümer. Die Gespräche mit dem letzten verbliebenen Kaufinteressenten Nord LB wurden jetzt unterbrochen.

Träger beträchtlicher wirtschaftlicher Hoffnungen: Windkraftanlage Bild: dpa

HAMBURG taz | Das Schicksal der Siag Nordseewerke in Emden ist weiter offen. Die Verhandlungen mit dem letzten verbliebenen Interessente für den Offshore-Windanlagen-Bauer sind steckengeblieben. „Die Gespräche sind noch nicht erfolgreich gewesen aber auch noch nicht beendet“, sagte der niedersächsische Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) am Dienstag. Für den Fall, dass der Investor das Interesse an dem Unternehmen verlieren sollte, habe das Land mit der Arbeitsagentur Vorsorge getroffen. Es werde eine Transfergesellschaft für die Mitarbeiter gegründet und ein Qualifizierungs- und Beratungszentrum eingerichtet.

Der Fall der Nordseewerke ist drauf und dran, zum Fanal für die Probleme bei der Energiewende, insbesondere beim Ausbau der Windkraft auf See zu werden. An die Offshore-Windkraft knüpfen sich an der ganzen Nordseeküste große wirtschaftliche Hoffnungen. In Emden schien sie die Chance zu bieten, einen großen Arbeitgeber und industriellen Kern zu retten, indem die Nordseewerke von einer Werft in einen Windkraftanlagenbauer transformiert wurde. Das Ganze ist sogar ein militärisch-ziviles Konversionsprojekt, weil die Nordseewerke auch Kriegsschiffe gebaut haben.

Doch der Traum steht auf der Kippe, weil sich der Ausbau der Windkraft auf See verzögert. Zwar sind acht Windparks in der Nord- und Ostsee im Bau, mit weiteren Aufträgen halten sich die Investoren jedoch zurück. „Seit einem Jahr sind keine Aufträge mehr ausgelöst worden“, sagt Ronny Meyer von der Offshore-Windindustrie-Allianz. Für die Siag Nordseewerke und andere Zulieferer werde 2013/ 14 deshalb zum Hungerjahr.

Der Kaufinteressent DSD Steel ist eine Holding mit Produktionsstätten in Deutschland, Luxemburg und Ägypten. Sie betreibt Stahlbau von der Konstruktion bis zur Montage und bietet Wartung und Reparaturen an.

Das Kaufobjekt, die Nordseewerke, war ehemals eine Werft. 2010 wurde sie von Thyssen-Krupp an den Windanlagenhersteller Siag Schaaf Industrie verkauft. 700 von 1.250 Werftarbeitern gingen mit. Die Fabrik baut Türme und Fundamente für Offshore-Windräder und will Umspannplattformen bauen.

Der Finanzierer, die Nord LB, ist die Landesbank Niedersachsens und Sachsen-Anhalts.

Investoren wie die Energiekonzerne Dong, EWE oder RWE scheuten sich, Windparks in Auftrag zu geben, weil sie nicht sagen können, wann sie zum ersten Mal Geld damit verdienen. „Solange das unklar ist, löst keiner Aufträge aus“, sagt Meyer. Auch Andreas Wagner von der Deutschen Offshore-Stiftung verweist auf die schwierigen Rahmenbedingungen.

Da sind zum einen die Finanzierungsprobleme der Stromnetzgesellschaft Tennet, die sämtliche Windparks im deutschen Teil der Nordsee anschließen muss und dafür zu wenig Kapital hat. Dazu kommt, dass die erhöhte Förderung für Strom aus Offshore-Windanlagen 2017 auslaufen soll. Weil sich der Bau der Parks verzögert, rutschen viele aus der erhöhten Förderung. Wenigstens wird ab März mit dem Offshore-Netzplan eine sichere Planungsgrundlage vorliegen.

Betriebswirtschaftliche Probleme kommen dazu. „Die Siag Nordseewerke stehen in starkem Wettbewerb mit etablierten Firmen“, sagt Wagner. Torsten Herdan vom Verband der Maschinen und Anlagenbauer spricht von Überkapazitäten am Weltmarkt. Die Insolvenz der Muttergesellschaft Siag erschwere die Sache. Auch die Umstellung vom Schiffbau auf Windkraft-Komponenten, war nicht ganz einfach, sagt auch Wilfried Alberts von der IG Metall Emden. Inzwischen seien die Mitarbeiter nachqualifiziert, die Arbeitsabläufe umgestellt und es sei investiert worden. „Die könnten Offshore“, sagt Alberts.

Der Gewerkschafter kritisiert die schwarz-gelben Landesregierung, weil sie dem Unternehmen nicht mit einer Bürgschaft zur Seite gesprungen ist. „Die Landesregierung ist in ihrer struktur- und arbeitsmarktpolitischen Verantwortung kläglich gescheitert“, sagt er. Nach Informationen der Gewerkschaft ist nach dem Ende der Verhandlungen kein neuer Gesprächstermin angesetzt worden.

Die Nord LB als wichtigster Gläubiger der Nordseewerke hält die Tür für Verhandlungen offen. „Wir haben eine Finanzierungszusage abgegeben und sind für Gespräche offen“, sagt Sprecher Thomas Klodt. Die Landesbank sei bereit, weitere Kredite zu geben und habe ein faires Angebot gemacht.

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