Willkür in Aserbeidschan: Menschenrechtsbüro plattgewalzt

Das Büro von Aserbaidschans bekanntester Menschenrechtlerin ist abgerissen worden. Obwohl ein Gericht den Abriss des Gebäudes untersagte, rollten die Bagger an.

Demonstration der Stärke: Militärparade in Baku im Juni. Bild: dapd

PETERSBURG taz | Das Büro von Aserbaidschans bekanntester Menschenrechtlerin Leyla Yunus, Vorsitzende des Instituts für Frieden und Demokratie, im Zentrum der Hauptstadt Baku ist am Donnerstagabend auf Anordnung der Behörden von Bulldozern niedergewalzt worden. Die Mitarbeiter des Büros hatten nur wenige Minuten Zeit, um sich in Sicherheit zu bringen. Das Archiv der Organisation fiel den Raupenfahrzeugen genauso zum Opfer wie die Buchführung, die Computer und das alte Gemälde eines aserbaidschanischen Künstlers, der die Eltern der Menschenrechtlerin porträtiert hatte.

Ebenfalls dem Erdboden gleichgemacht wurden die im gleichen Haus befindlichen Büros des von Yunus 2001 gegründeten Frauennotrufs, der einzigen Organisation in Aserbaidschan, die Opfern von sexueller Gewalt konkrete Hilfe leistet, und die Räume der Aserbaidschanischen Antiminenkampagne.

Es war acht Uhr Abends, als die Planierraupen anrollten und unter dem Schutz der Polizei das Gebäude einrissen. Leyla Yunus, die sich zum Zeitpunkt des Abrisses im Ausland aufhielt, war zwar bekannt, dass die Behörden ihr Haus lieber heute als morgen niederwalzen würden. Gleichzeitig war sie sich sicher, dass diesen vorerst die Hände gebunden seien, hatte doch noch im Mai ein Gericht ausdrücklich einen Abriss untersagt.

Das Haus, in dem sich die drei Büros befanden, gehörte der Familie von Arif und Leyla Yunus. Aserbaidschanische Medien schätzten den Marktwert des zerstörten Hauses auf eine halbe Million Euro. "Leyla Yunus ist das jüngste Opfer einer Reihe von Zwangsräumungen und Hauszerstörungen, die die Behörden von Baku unter Missachtung internationaler Standards vorgenommen haben", kommentierte Natalia Nozadze, zuständig für Aserbaidschan bei der Menschenrechtsorganisation Amnesty International, den Vorfall.

Leyla Yunus und Amnesty International sehen in dem Vorgehen von Bakus Behörden einen Racheakt. In den Büros der Menschenrechtlerin hatten Bewohner Aserbaidschans, deren Wohnungen und Häuser willkürlich abgerissen worden waren, um Platz zu schaffen für Bürogebäude, Unterstützung und juristische Beratung gefunden. Neben ihrem Einsatz für die Opfer von Zwangsräumungen bemühte sich Yunus, die während des armenisch-aserbaidschanischen Krieges Anfang der 90er Jahre Pressesprecherin im aserbaidschanischen Verteidigungsministerium war, nach dem Krieg um direkte Kontakte mit Armeniern. In zahlreichen Programmen organisierte sie mit ihrem Mann kontinuierliche Kontakte mit armenischen Nichtregierungsorganisationen. Auch das dürfte den Behörden missfallen haben.

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