Wilde Insekten: Wilde Bienen braucht Berlin

Von immer mehr Hobby-Imker*innen profitieren in der Hauptstadt vor allem Honigbienen. Nun soll ein Modellprojekt auch wilden Arten helfen.

Eine Wildbiene im Landeanflug Foto: dpa

Imkerei hat Konjunktur. Etliche Bienenstöcke brummen auf Dächern, in Gärten und versteckten Ecken. „Berlin summt“, sagt Turgut Altuğ, der für die Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt und sich seit Jahren für den Bienenschutz engagiert. Er freut sich: In Berlin seien 2016 zu den 900 Imker*innen 200 neue hinzugekommen.

Trotzdem ist die Lage der Bienen in Berlin dramatisch. Ein Drittel aller Völker hat den Winter nicht überlebt. Schuld sind Wetter und ein Parasit. Die Varroamilbe befällt die Bienen im Stock, schädigt die Larven und infiziert die Bienen mit Viren. Die Hobby-Imkerei sorgt immerhin dafür, dass viele Honigbienen nachgezüchtet werden.

Doch mit dem Schutz der Honigbiene ist es nicht getan, mahnt Altuğ. Auch Wildbienen, die im Unterschied zu Honigbienen überwiegend als Einsiedler leben, seien bedroht. „Die lassen sich nicht einfach züchten, da müssen wir andere Maßnahmen ergreifen“, so Altuğ. Viele Wildbienenarten nisten unter der Erde oder in Mauernischen. Versiegelte Gelände, reine Grasflächen und häufiges Mähen in der Stadt sorgen dafür, dass Nahrungsquellen und Nistplätze der kleinen Flieger knapp sind. Das betrifft auch andere wild lebende Insekten in der Hauptstadt.

Dabei braucht es die wilden Bienen unbedingt. Während viele Bienen an unterschiedlichsten Pflanzen Pollen und Nektar sammeln, gibt es wilde Arten, die sich auf eine Blüte konzentrieren. Fehlt der eifrige Bestäuber, droht damit auch der Pflanze das Aus. Um das zu verhindern und es den unterschiedlichen Bienenarten recht zu machen, fordert Altuğ mehr Blumen auf Verkehrsinseln und weniger monotone Graslandschaften in der gesamten Stadt.

400.000 Euro für wilde Bienen

Der Berliner Senat hat das Problem erkannt. Umweltstaatssekretär Stefan Tidow (Grüne) hat deshalb am Freitag einen Kooperationsvertrag mit Bezirken und der Deutschen Wildtier Stiftung unterzeichnet. Mit einem fünfjährigen Modellprojekt, das in Charlottenburg-Wilmersdorf beginnt, sollen insgesamt 2,5 Hektar „bestäuberfreundlich“ gestaltet, Blumen und Stauden gepflanzt, Insektenhotels aufgestellt werden. Das Land investiert dabei 300.000 Euro, die Stiftung 100.000.

„Berlin ist auf dem richtigen Weg“, lobt Olaf Schwerdtfeger vom Landesverband der Berliner Imker das Modellprojekt des Senats. Doch die Städte allein könnten die Wildinsekten nicht retten. Denn auch auf dem Land haben sie einen schweren Stand. Monokulturen und der Einsatz von Pestiziden erschwerten Hummeln, Wespen, Schmetterlingen und anderen Insektenarten das Überleben in Flächenstaaten mit Landwirtschaft wie etwa Brandenburg.

Abhilfe können aufgelockerte Böden, selteneres Mähen und entsprechende Bepflanzung liefern, aber auch großflächige Landschaftsschutzgebiete, in denen die Insekten ihren natürlichen Lebensraum wiederfänden. Schwerdtfeger schlägt deshalb vor, die Popularität der Honigbienen zu nutzen, „um Menschen auch auf die Bedürfnisse anderer Insekten auf–merksam zu machen“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.