Werder-Trainer Schaaf: Er hat das Lächeln verloren

Thomas Schaaf ist eine Institution für Werder Bremen. Er steht für Beständigkeit. Doch genau das wird jetzt für ihn zum Problem.

Thomas Schaaf: Ist es da nicht, so ganz leicht, das verschmitzte Lächeln? Bild: dpa

BREMEN taz | Damals, vor ziemlich genau 14 Jahren, kam Thomas Schaaf mit einem verschmitzten Lächeln auf den Trainingsplatz. Dabei surrte eine einzige Kamera von Radio Bremen. Einige wenige Journalisten nickten dem Trainer freundlich zu, nicht jeder davon besaß damals schon ein Handy.

Klar, der SV Werder schwebte in höchster Abstiegsgefahr und gerade war der Amateur- zum Cheftrainer befördert worden, doch es herrschte beileibe kein Belagerungszustand auf dem Areal am Osterdeich. Der Fußballlehrer stellte Hütchen auf den Rasen, ehe er Spieler wie Pawel Wojtala und Andree Wiedener, Rade Bogdanovic und Marco Bode, Torsten Frings und Andreas Herzog zum lockeren Kreisspielchen bat. Es war der 10. Mai 1999.

Die Profis hatten im Weserstadion seit Wochen unter Felix Magath ein erbärmliches Bild abgegeben, während auf Platz 11, dem Terrain der Amateure, unter Schaaf sehenswerter Offensivfußball geboten wurde. Dessen Auftrag war heikel: Schon am nächsten Tag stand das Abstiegsendspiel gegen Schalke an. Feuertaufe unter Flutlicht. Und plötzlich spielte Werder wieder mit Herz und Leidenschaft. Nur es fiel kein Tor. Zur Halbzeit wechselte Schaaf den alten Dieter Eilts aus und den jungen Christoph Dabrowski ein. Der köpfte keine zehn Minuten später das 1:0. Der Klassenerhalt gelang. Und einen Monat später war Werder sogar Pokalsieger.

Diese Geschichte ist wichtig, um zu verstehen, warum es an diesem Standort immer noch anders zugeht. Oder wie Schaaf wenige Tage vor seinem 52. Geburtstag sagte: „Werder ist halt etwas Besonderes und die handelnden Personen sind es auch.“ Vor allem Vereinspräsident Klaus-Dieter Fischer, starke Stimme in der Geschäftsführung, hat immer zu Schaaf gehalten, schließlich war es der 72-Jährige, der aus dem Bundesligaspieler einen Trainer machte, als er ihm eine Gehaltserhöhung um wenige hundert Mark Monatsgehalt nur mit der Auflage billigte, sich in der Jugendarbeit zu verdingen.

Verschüttete Tugenden

Schaaf stieg in Bremen zu einer Institution auf. Doch das Denkmal wackelt gerade bedenklich. Zwar hat Thomas Eichin, seit neun sieglosen Spielen für die sportlichen Belange zuständig, im Namen der Geschäftsführung erneut versichert, dass es keinen Plan gebe, den Trainer nach einer Niederlage in Leverkusen zu entlassen. Bemerkenswert indes die Forderungen, die Eichin ans Auftreten unter dem Bayer-Kreuz verknüpft hat. „Ich sage nicht, dass wir drei Punkte holen. Aber ich will eine Mannschaft sehen. Einsatz, Leidenschaft und Mut.“

Grundtugenden, die irgendwie tief verschüttet scheinen. Schaaf leitete in dieser Woche flugs Maßnahmen zum Teambuilding ein: Am Mittwoch fuhren die Spieler mit ihren Wagen in eine Kaserne nach Delmenhorst-Adelheide und kämpften sich über einen Hindernisparcours. Tags zuvor hatte es in einem Bistro in Stadionnähe einen Mannschaftsabend gegeben.

Der Klub, das Team und vor allem der Trainer haben ziemlich den Anschluss verloren. Trendsetter sind nur noch die anderen. Schaaf flüchtete bei Fragen nach seinem Gemütszustand in Allgemeinplätze. „Ich bin fixiert in meiner Arbeit. Ich kümmere mich nicht darum, was drumherum passiert.“ Für das Tun seiner Spieler unter der Woche vergab der Trainer auf der Pressekonferenz noch die Note zwei. Unter den Zuhörern saßen Studenten der Hochschule Bremen.

„Zukunftstag“ hieß sinnigerweise der Anlass, wo doch Schaaf hier keine Zukunft zu haben scheint. Es gibt nicht mehr so viele, die dem 51-Jährigen die Wende mit Werder zutrauen. Am Saisonende – wenn diese Spielzeit irgendwie glimpflich ausgeht – dürfte ihm ein Rücktritt nahegelegt werden. Vorher einen schassen, der seit dem elften Lebensjahr voller Überzeugung für die grün-weiße Sache eintrat, will eigentlich niemand.

Und doch verlangen auch intern viele nach einer Veränderung, für die dieser Mann nicht mehr steht. Er bewohnt mit Ehefrau Astrid noch denselben Bungalow in Brinkum, er hat noch dieselbe Handynummer. Enge Freunde wie der Nachbar und Jugendtrainer Bernd Pfeifer und Hobbys wie das Radfahren – all das gibt es bei Schaaf noch immer. Auch den Schnauzbart. Nur das verschmitzte Lächeln hat man länger nicht mehr gesehen.

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