Was es ist, was es soll, was es kann: FAQ Blockupy

Seit Donnerstag trifft sich das Blockupy-Bündnis in Frankfurt zu einem Protest-Festival. Hier die Antworten auf die wichtigsten sieben Fragen zur Bewegung.

Blockupy-Demo gegen die Europäische Zentralbank in Frankfurt Bild: reuters

Blockupy ist eine Wortschöpfung. Als die weltweite Occupy-Bewegung Ende 2011 auch in Deutschland für Schlagzeilen sorgte, hatten klassich kapitalismuskritische Gruppen zunächst eine gewisse Berührungsangst. Insbesondere in Frankfurt vor der Europäischen Zentralbank sorgten die oftmals jungen und politisch noch unerfahreneren Occupy-Aktivisten, die dort in Zelten campten, jedoch für viel öffentliche Aufmerksamkeit.

Kühl und strategisch entschieden sich dann linke Gruppen, diese Aufmerksamkeit zu nutzen, um davon zu profitieren und ihre eigene Arbeit daran zu koppeln. Deren Idee: Der Resonanzraum sollte genutzt werden, um – erstens – die Kapitalismuskritik der klassischeren Linken auf die Plätze zu tragen und – zweitens – die Praxis von zivilem Ungehorsam zu verstärken. Etwa mit Straßenblockaden.

2. Blockupy - was ist das?

Die Grundidee geht letztlich auf die Blockade-Strategie zurück, die globalisierungskritische Gruppen zum G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm entwickelt haben. Damals versuchten tausende Demonstranten mit massenhaften Straßenblockaden den Tagungsort der Staatschefs zu blockieren. Dabei wurde unter anderem die sogenannte Fünf-Finger-Taktik erprobt, bei der eine große Gruppe loszieht und sich in solch viele kleine Gruppen spaltet, bis die Polizei sie schwer kontrollieren kann.

Die Idee ist: Die Polizei nicht als Gegner zu sehen, sondern zu „umfließen“. Im Windschatten sind allerdings meist auch radikalere Autonomengruppen unterwegs, die dies anders interpretieren. Verwaltet wird diese Idee vor allem von postautonomen Gruppen wie der Interventionistischen Linken, einem bundesweiten Bündnis von Linksradikalen, das als wichtiger Akteur in verschiedenen bundesweiten Netzwerken immer wieder zu solchen Aktionen aufrief – etwa auch angesichts der Anti-Nazi-Proteste in Dresden.

Mehr als das ist mit dem Begriff //blockupy.org/:„Blockupy“ vor allem aber auch ein Bündnis-Prozess verbunden. Auch das war eine der Stärken der Proteste von Heiligendamm: dass sehr viele unterschiedliche Gruppen gemeinsam unter einem Dach protestiert haben.

Die Blockupy-Idee ist also auch ein Prozess, dem innerhalb von sozialen Bewegungen eine strategische Bedeutung zukommt. Inhaltlich wendet sich das Bündnis vor allem gegen die deutsche und europäische Krisen- und Sparpolitik. Die Aktivistinnen und Aktivisten kritisieren, dass die europäische Sparpolitik vor allem diejenigen Europäer trifft, die ohnehin schon im sozialen Abseits stehen. Manche Blockupy-Aktivisten kämpfen für ein sozialeres Europa, andere für Kommunismus pur.

In den letzten Jahren hat das Bündnis besonders viel wert darauf gelegt, die Debatten über die europäische Krisenpolitik konsequent aus einer transnationalen Perspektive zu beleuchten. Das gilt sowohl analytisch als auch pragmatisch: Was sind etwa die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Gewerkschaftsarbeit in Griechenland und in Deutschland? Und: Wie gelingt es, auf basisdemokratische Art und Weise Aktivistinnen und Aktivisten aus ganz Europa zusammenzuführen? Dazu reisen regelmäßig Aktivistinnen und Aktivisten aus zahlreichen europäischen Ländern an.

Anfangs war das noch sehr überschaubar. Inzwischen sind bei den Aktionstagen und Konferenzen regelmäßig dutzende Gewerkschafter und Aktivistinnen aus Italien, Griechenland, Spanien, Schweden, Belgien, Frankreich und anderen Ländern beteiligt. Der Fortschritt zeigt sich auch in Details: Simultanübersetzung ist bei den Konferenzen inzwischen eine Selbstverständlichkeit.

Gut nach außen, schlecht nach innen: Weil sehr viel Kraft in den vergangenen Jahren für diese internationale Vernetzung investiert wurde – etwa in die Vernetzung mit Vertretern der linken griechischen Partei Syriza, gibt es an anderer Stelle Defizite. Zwar ist der Zulauf durchaus beachtlich – die abendlichen Diskussionsveranstaltungen am Wochenende waren regelmäßig überfüllt.

Dennoch ist es in politischer Hinsicht nicht gelungen, das Farb-Spektrum innerhalb Deutschlands in merklicher Weise zu vergrößern. Ein Beispiel: Die Grüne Jugend spielt beispielsweise keine allzu besondere Rolle, von der hessischen SPD ist zwar Andrea Ypsilanti regelmäßig zur Stelle, darüber hinaus jedoch keine besonders weiten Kreise aus der Sozialdemokratie.

Hinter dem Blockupy-Bündnis stehen verschiedene kapitalismus- und globalisierungskritische Gruppen. So ruft unter anderem Attac regelmäßig zu den Blockupy-Veranstaltungen auf. Faktisch wird der Prozess aber vor allem aus dem weiteren Umfeld der Linkspartei getragen.

Insbesondere die Linken-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung, Mitglieder und Sympathisanten der Linkspartei sowie die ebenfalls Linken-nahe postautonome Gruppe Interventionistische Linke, gestalten den Prozess sehr aktiv. Sehr schön zu sehen an einem Bild, das am Sonntag entstand. Diejenigen, die auf der Demonstration das Blockupy-Transparent trugen, waren nahezu alle Funktionäre der Linkspartei.

Gerade erst hatte sich eine leichte Aktivistinnen-Depression angedeutet, weil die Frage im Raum stand: Wie soll es mit dem Bündnisprozess perspektivisch weitergehen? Denn es ist ja bekannt: Es ist immer leichter, gegen etwas zu protestieren, als für etwas zu demonstrieren.

Deshalb wartet das Bündnis seit langem auf den Termin, an dem die Europäische Zentralbank feierlich ihren pompösen Neubau in Frankfurt eröffnet. Dann sollen tausende Menschen aus ganz Europa die Frankfurter Innenstadt lahmlegen. Am Wochenende wurde der Termin nun von der EZB bekannt gegeben. Es ist der 18. März 2015. Da hat das Blockupy-Bündnis Glück gehabt. Jetzt mobilisieren alle eifrig zu diesem Termin. Die Perspektivfragen sind also – vertagt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.