Wahlkampfstrategie von Martin Schulz: Flüchtlinge sollen sich lohnen

Der SPD-Kanzlerkandidat möchte in der Europa-Politik punkten und Italien in der Flüchtlingskrise entlasten. Ganz neu ist sein Vorschlag nicht.

Ein Mensch mit orangefarbener Jacke vor orangefarbenem Hintergrund

Möchte nach Europa: Ein Mensch an Bord des Rettungsschiffs von Ärzte ohne Grenzen Foto: ap

BERLIN taz | Martin Schulz bringt die Flüchtlinge zurück in den Wahlkampf: Der SPD-Kanzlerkandidat warnt vor einer neuen Krisensituation wie zuletzt im September 2015. Wie damals die Türkei sei heute Italien mit der Flüchtlingsaufnahme überfordert, mahnte er am Wochenende in mehreren Medien. Rea­giere die EU nicht, könnten bald wieder Hunderttausende an Deutschlands Grenzen stehen.

„Wenn wir verhindern wollen, dass das wieder eintritt, was 2015 eingetreten ist, dass die Länder aus Überlastung sagen, dann lass sie ziehen, dann kann man relativ schnell ausrechnen, wohin sie kommen“, sagte Schulz dem Deutschlandfunk.

Angela Merkel ignoriere das Thema. Er selbst wolle dagegen diese Woche nach Rom reisen, um mit dem italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni zu sprechen. Nötig sei eine „Koalition der Willigen“. Es müssten „jetzt endlich Länder, die bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen, sich erklären, wie viele sie aufnehmen, und gleichzeitig diejenigen, die aufnehmen, aus dem EU-Haushalt Geld bekommen“, sagte Schulz. Durch den Anreiz fiele das Argument weg, die Versorgung der Flüchtlinge sei zu teuer.

Gleichzeitig wiederholte Schulz eine Forderung aus den vergangenen Wochen: Wer sich innerhalb der EU weiterhin weigere, anderen Mitgliedsländern Flüchtlinge abzunehmen, müsse finanziell bestraft werden. Diesen Staaten möchte Schulz den Zugang zu EU-Geldern verwehren.

Die EU hatte eigentlich schon im Jahr 2015 ein Umverteilungsprogramm beschlossen, das Italien und Griechenland entlasten sollte. Einem Quotensystem folgend, sollten die übrigen EU-Mitglieder den beiden Ländern ursprünglich 160.000 Flüchtlinge abnehmen.

Seehofer fordert wieder eine Obergrenze

Dass dieses System bis heute schlecht funktioniert, hat mehrere Gründe: Asylverfahren laufen schleppend, Flüchtlinge wollen sich ihr Aufenthaltsland nicht vorschreiben lassen, EU-Staaten verweigern die Aufnahme oder erfüllen ihre Quote nicht. An diesem letzten Punkt knüpft Schulz mit seinem Vorschlag an.

Einen ähnlichen Vorschlag unterbreitete im Frühjahr schon die maltesische Regierung im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft. Sie regte damals an, EU-Staaten 60.000 Euro für jeden Flüchtling zu zahlen, den sie über ihre Quote hinaus aufnehmen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Sozialdemokratin Gesine Schwan finanzielle Anreize vorgeschlagen. Ihr System sieht allerdings vor, dass einzelne Kommunen Flüchtlinge aufnehmen und dafür belohnt werden.

CSU-Chef Horst Seehofer äußerte sich am Sonntag ähnlich wie Schulz. Mit Bezug auf die Situation in Italien sagte er der Welt, die Asylverfahren müssten „spätestens an der EU-Außengrenze“ stattfinden. „Diejenigen, die Anspruch auf Schutz haben, müssen dann gerecht in Europa verteilt werden.“

Durch welche Art von Anreizen er andere EU-Länder von der Flüchtlingsaufnahme überzeugen möchte, sagte Seehofer nicht. Stattdessen wiederholte er seine Forderung nach einer Obergrenze für Deutschland: „Wir sind der Auffassung, dass wir in Deutschland nicht mehr als 200.000 Flüchtlinge jährlich verkraften können.“

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