Wahl in Hessen im Oktober: Die schwarz-grüne Mehrheit brechen

Die Hessen-FDP startet ihre Kampagne für die Landtagswahl. Spitzenkandidat René Rock will mit dem Thema frühkindliche Bildung punkten.

René Rock hebt die Hände neben sein Gesicht

Der hessische FDP-Fraktionsvorsitzende René Rock Foto: dpa

FRANKFURT taz | Fragt man René Rock, die weithin unbekannte Nummer eins auf der Landesliste der hessischen FDP, wer das Bundesland Hessen nach der Landtagswahl am 28. Oktober regiert, antwortet er kryptisch: „Ministerpräsident wird nur der, dem es gelingt, eine Idee für ein Reformbündnis zu entwickeln“, orakelt der ehemalige Journalist und PR-Berater im Gespräch mit der taz.

Das ist insofern bemerkenswert, als die hessische FDP bislang vor Landtagswahlen stets auf ein Bündnis mit der CDU gesetzt hatte. Doch der frühere Partner der Liberalen, der CDU-Landesvorsitzende und Ministerpräsident Volker Bouffier, tritt diesmal als Chef der ersten schwarz-grünen Regierungskoalition in einem Flächenland an.

Rock stellt denn auch Bouffiers Regierung ein miserables Zeugnis aus und spricht von einem „Bündnis des Stillstands“. Der taz erklärt er: „Wir wollen die schwarz-grüne Landtagsmehrheit brechen.“ Am Wochenende startet die FDP in Wetzlar ihre Kampagne zur Landtagswahl. Die FDP will bei der nächsten Regierungsbildung wieder mitreden.

Die Chancen dafür stehen nicht schlecht. René Rock, 50 Jahre alt und Vater einer Tochter, genießt die neue Aufmerksamkeit für sich und seine Partei. Er hatte aufhorchen lassen, als er im Sommerinterview des Hessischen Rundfunks bekannte, er treffe sich lieber mit SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel zum Kaffee, als mit dem früheren Partner Bouffier.

Es kommt auf Inhalte und Perspektiven an

Es gab inzwischen Gespräche der FDP-Führung mit der CDU Landesspitze ebenso wie mit dem SPD-Team um Schäfer-Gümbel. Keine Vorfestlegung, es kommt auf Inhalte und Perspektiven an – das soll die Botschaft der FDP in dieser Kampagne sein. Inhaltlich hat Rock den Wahlkampf neu ausgerichtet. Sein Thema ist die frühkindliche Bildung. Er nennt es einen Skandal, dass das reiche Hessen für die Kitakinder pro Kopf weniger ausgebe, als jedes andere Bundesland. „Die Gruppen sind zu groß, es gibt zu wenig Personal.“ Statt in die Qualität der frühkindlichen Bildung zu investieren, habe schwarz-grün den Eltern die Kitagebühren für eine sechsstündige Betreuung täglich erlassen. „Reine Klientelpolitik, um der SPD ihr Wahlkampfthema zu nehmen“, kommentiert Rock. „Wir hätten mit dem Geld zusätzlich 7.000 Erzieher*innen finanzieren können“, sagt er.

An einem herrlichen Sommertag im April besucht er die Kita „Abenteuerland“ in Oberzehnt im Odenwald. Zwei Stunden Zeit hat der Gast aus Wiesbaden mitgebracht. Er fragt die Mitarbeiter*innen der Kita nach Konzepten, nach der Sprachförderung und inspiziert Ausstattung und Räume. „Die frühkindliche Bildung ist mein Herzensanliegen“, versichert er der Leiterin Petra Grünberg. Für ihn ist es das Zukunftsthema der Gesellschaft.

Während früher in den Familien die Sprachförderung und die Erziehung der Kinder hätte geleistet werden müssen, sei das inzwischen weitgehend in die Verantwortung der Bildungseinrichtungen übergegangen. „Wenn wir dabei scheitern, werden wir in der Zukunft die leistungsfähigen Fachkräfte nicht haben, die das Land für den Erhalt des Wohlstands dringend braucht“, rechnet Rock vor. Die FDP werde nur in eine Regierung eintreten, die für erheblich höhere Investitionen in die frühkindliche Bildung sorge und die Kommunen dabei nicht im Stich lasse, versichert er.

Eines ist für Rock „schwer vorstellbar“: eine Jamaika-Koali­tion mit grünem Wirtschaftsminister

Kitaleiterin Grünberg bleibt skeptisch. „Ich verstehe nicht, warum in der Bildungseinrichtung Grundschule Qualität und Kostenfreiheit selbstverständlich ist und in den Kitas nicht“, sagt sie. Während ihrer langen Zeit als Erzieherin sei vor Wahlen vieles versprochen worden, was nach der Wahl nicht eingelöst worden sei, sagt Grünberg.

Als René Rock 2008 erstmals in den Landtag einzog, wurde er sozialpolitischer Sprecher. Bei den Liberalen ist das nicht unbedingt ein Sprungbrett für höhere Aufgaben. Als nach der Wahlschlappe vor fünf Jahren die ehemaligen FDP-Minister*innen neue Aufgaben gefunden hatten, Nicola Beer als FDP-Generalsekretärin in Berlin und Florian Rentsch als Vorstandschef der Sparda-Bank, fiel die Wahl zum Spitzenkandidaten überraschend auf Rock.

Obwohl er im Land noch wenig bekannt ist, gibt er sich selbstsicher. Vor fünf Jahren musste die FDP am Wahlabend mit gerade mal 5,0 % um den Einzug in den Landtag zittern. Das werde am 28. Oktober anders sein, versichert der FDP-Spitzenkandidat. Danach ist für ihn vieles denkbar, sagt er, wohl auch ein FDP-Minister für Integration und frühkindliche Bildung. Nur eines sei für ihn „schwer vorstellbar“: Eine Jamaika-Koalition mit einem grünen Wirtschafts- und Verkehrsminister. Die Regierungsbildung in Hessen nach der Landtagswahl im Oktober könnte ähnlich schwierig werden wie jene nach der letzten Bundestagswahl.

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