WM-Abos: Die Sommerspiele fest im Blick

Geld für das „Comitê Popular da Copa” in Rio de Janeiro. Die Aktivisten können ihre Arbeit nun fortsetzen.

Bild: Hassan Ammar/ap

Mittlerweile ist die Gruppe auf zwölf Leute angewachsen: Das „Comitê Popular da Copa” in Rio de Janeiro sitzt im Kreis in einem großen, holzgetäfelten Raum mit hoher Decke. An den Wänden im Hintergrund hängen lebensgroße Schwarzweiß-Fotografien von älteren Herren, eines etwa des früheren Präsidenten der ABI, der Brasilianischen Pressevereinigung. Hundert Jahre alt ist das Hochhaus im Zentrum der Stadt, in dem die ABI ihren Sitz hat. Das WM-kritische Komitee in Rio ist eine der Gruppen, denen die Vereinigung Räume für ihre Treffen zur Verfügung stellt. Jeden Dienstagabend um sieben.

10.000 Euro Spenden

Irgendwann ist es auch am Tagesordnungspunkt „Die gute Nachricht”. Ein schöner Moment: 10.000 Euro Spenden hat die taz gesammelt, um die Arbeit des Komitees in den kommenden Monaten zu unterstützen. Die kleine Selbstdarstellung der Zeitung, unterstützt durch die Ausdrucke einiger Titelseiten, fällt kurz aus. Das meiste Aufsehen erregte, dass die taz einst auch für „Waffen für El Salvador” sammelte.

Obwohl das Komitee der fast durchweg rechten, konservativen bis neoliberalen Presse in Brasilien sehr kritisch gegenübersteht, wurde angedacht, dass eine solche Zusammenarbeit gestärkt werden müsse. „In zwei Jahren steht doch die Olympiade an”, scherzte einer. Auf alle Fälle soll später den taz-LeserInnen berichtet werden, wofür das gespendete Geld genau verwendet wurde. Und schon beginnt die Diskussion darüber, obwohl dies gar nicht vorgesehen ist. „Zumeist arbeiten wir ehrenamtlich, und wenn mal Geld benötigt wird, suchen wir immer Partner, meist NGOs, mit denen Veranstaltungen oder Aktionen gemeinsam organisiert und von denen auch finanziert werden”, sagt Marcelo. Also müsse aufgepasst werden, denn Geld hat auch immer eine Kehrseite und könne horizontale Strukturen innerhalb der Gruppe gefährden. Andere verweisen auf die Schwierigkeiten und Engpässe durch fehlendes Geld, die die Arbeit vor allem im letzten Jahr oft behindert hat. Einigkeit besteht wiederum darin, dass es für den Wiederbeginn der Komitee-Arbeit mit Blick auf die Olympischen Sommerspiele 2016 sehr viele Ideen gibt, wie das Geld sinnvoll eingesetzt werden kann. Die Debatte wird vorerst abgewürgt, ein anderer Punkt drängt.

Bilanz ziehen und nach vorne schauen

Noch befindet sich das Komitee in der Post-Copa-Phase, und die ist nicht einfach. Nach den großen Erwartungen im Vorfeld ist während der WM vieles nicht so gelaufen, wie es sich die Aktivisten vorgestellt haben. Dabei waren die ausgebliebenen Großdemonstrationen das kleinere Problem. Es gab heftige politische Debatten: über den Umgang mit Gewalt seitens einiger Gruppen auf den Demos. Und darüber, weshalb der beginnende Präsidentschaftswahlkampf Einfluss auf die WM-kritische Bewegung nehmen konnte? Plötzlich sagen einige, zu viel Protest würde dem Image der Regierung schaden, die trotz aller Kritik immer noch besser sei als die rechte Opposition. Um die politische Balance wiederzufinden, wird das Komitee im kommenden Monat ein Wochenendseminar veranstalten, um in Ruhe Bilanz zu ziehen und gen 2016 zu schauen. Auch ein guter Moment, Spendengelder kreativ zu verwenden.

Andreas Behn lebt und arbeitet in Brasilien, wohin er 2005 zog. Von Rio de Janeiro aus berichtet er für die taz seit zwei Jahren – besonders intensiv zur Fußball-WM, zu deren sozialen, ökonomischen und politischen Kosten im Vorfeld wie auch zu den Ereignissen während des Turniers selbst in Kolumnen und Reportagen.