Vorbericht Deutschland gegen England: Weidenfeller in Wembley

Der BVB stellt den größten Teil der Mannschaft, die gegen England spielt. Den Vorwurf, Deutschland würde mit einer B-Elf auflaufen, bestreitet Jogi Löw energisch.

BVB-Torwart Roman Weidenfeller beim Training in London Bild: dpa

LONDON dpa | Joachim Löw wurde sehr deutlich: Der Bundestrainer schert sich weder um Vorwürfe der englischen Gastgeber noch um die Debatte über mögliche Ungerechtigkeiten vor dem Bundesligagipfel Borussia Dortmund gegen FC Bayern. „Das ist für alle etwas Außergewöhnliches“, sagte Löw vor dem letzten Länderspiel der Fußball-Nationalmannschaft im Jahr 2013 im Londoner Wembleystadion. Im Vergleich zum jüngsten 1:1 in Italien wird er seine Startelf voraussichtlich gleich auf acht Positionen umstellen.

Mit einem großen BVB-Block um den Torwart-Debütanten Roman Weidenfeller und Khedira-Ersatz Sven Bender will Löw die Engländer am Dienstag (21.00 Uhr/ARD) in ihrem Heiligtum ärgern und besiegen. „Alle, die hier dabei sind in London, sind einsatzfähig und freuen sich wahnsinnig auf dieses Spiel. Das ist ja auch ein Mythos“, berichtete Löw, der beim Abschlusstraining am Montagabend mit seinem Team schon einmal die besondere Atmosphäre der Wembley-Arena testete. Mit der U-Bahn war die Nationalmannschaft zur Arbeit gefahren.

Jede Diskussion um Bevorzugung und Belastung der Nationalspieler des BVB und des FC Bayern wischte der Bundestrainer in London rigoros als „“ vom Tisch. „Eins ist klar, dass ich als Nationaltrainer auf die Nationalmannschaft schaue und das Spiel als wichtigen Test sehe. Dortmund gegen Bayern ist schon mal gar nicht mein Thema. Mein Thema ist England und Chile im nächsten Jahr“, sagte Löw mit Blick auf die letzten Testspielgegner vor seiner Kadernominierung für die Weltmeisterschaft im kommenden Sommer.

„Das ist eher ein Thema der Medien. Von Vereinen und Trainern habe ich es noch nicht gehört“, sagte Löw zu den Vergleichen, wie lange welcher Nationalspieler aus Dortmund und München nach dem 1:1 in Italien noch einmal zum Einsatz komme. Vor allem aus der Chefetage des BVB hatte es immer mal wieder Zweifel an einer Gleichbehandlung der beiden deutschen Topklubs gegeben.

Vier Tage vor dem Liga-Spitzenspiel könnten in London fünf Dortmunder Akteure in der Startelf stehen, vom FC Bayern womöglich nur ein oder zwei; in Italien war es jedoch entgegengesetzt gewesen. „Es ist Dienstag, es ist ein Spiel in Wembley mit jungen Spielern, die völlig austrainiert sind. Wenn das ein Problem ist, entwickeln wir uns in Deutschland wieder in eine andere Richtung – in eine falsche“, betonte Löw energisch.

Bender will alles geben

Bestätigt wurde er vom Dortmunder Sven Bender, der im 33. Spiel gegen England – bisher stehen elf deutschen Siegen 15 Niederlagen entgegen – die Rolle des schwer am Knie verletzten Sami Khedira in der Mittelfeldzentrale übernehmen soll. „Ganz sicher werde ich mich nicht schonen, wenn ich zum Einsatz kommen sollte. Ich gehe in jedes Spiel mit hundert Prozent, mit allem, was mir zur Verfügung steht. Ich bin froh über jede Minute, die ich spielen darf“, erklärte der 24-Jährige vor seinem siebten Einsatz für Deutschland.

„Für mich ist das einfach noch mal Gelegenheit, auf Schlüsselpositionen vor 80.000 Zuschauern den einen oder anderen Spieler zu testen“, betonte Löw. Englische Medien hatten dem Bundestrainer bereits am Montag fehlenden Respekt vor dem Team der „Three Lions“ vorgeworfen, weil er nach dem Kreuzbandriss von Khedira auch noch Kapitän Philipp Lahm, Stammtorwart Manuel Neuer und Spielmacher Mesut Özil eine Erholungspause zugestanden hatte.

„Ich habe nicht das Gefühl, dass bei uns ein B-Team spielt oder wir respektlos mit dem Gastgeber umgehen“, erwiderte Löw und verwies auf den November 2008, als England ohne die Stars Wayne Rooney, Frank Lampard und Steven Gerrard mit 2:1 in Berlin gewonnen hatte. „Es gibt keine B- oder A-Mannschaft. Es gibt junge Spieler, die müssen Erfahrung sammeln. Das ist noch mal ein echter Härtetest.“

Der Bundestrainer legte sich bei den meisten Personalien fest. Weidenfeller steht mit 33 Jahren erstmals im deutschen Tor. Er wird zum ältesten Torhüter-Debütanten in der Geschichte der DFB-Auswahl. Der von einer Grippe genesene Per Mertesacker rückt wieder in die Innenverteidigung. Den Job an der Seite des Kapitäns könnten sich Mats Hummels vom BVB und Bayern-Profi Jérome Boateng zeitlich teilen. Dortmunds Marcel Schmelzer darf links verteidigen. Dessen Vereinskollege Marco Reus soll davor das Spiel schnell machen.

Persönlichkeit und Ausstrahlung

„Im Wembley zu spielen, ist immer etwas ganz Besonderes. Ich freue mich auf die Aufgabe“, sagte Weidenfeller, mit dem Löw in diesen Tagen einige Gespräche geführt hat. „Er hat im Training einen fantastisch guten Eindruck gemacht, ist absolut präsent, eine gereifte Persönlichkeit mit großer Ausstrahlung im Tor“, lobte der Bundestrainer den insgesamt 58. Neuling in seiner Amtszeit.

Bestätigt Weidenfeller gegen England das Urteil, könnte er mit guten Chancen auf ein Brasilien-Ticket ins WM-Jahr gehen. „Wir müssen im Mai die endgültige Entscheidung treffen und darauf vorbereitet sein“, sagte Löw in der Bibliothek des Royal Horseguards Hotels, unweit gelegen von Scotland Yard und Trafalgar Square.

Möglichkeiten zur Bewährung sollte Weidenfeller bekommen. Löw zählt England noch immer zu den stärksten Nationen der Welt: „Diese Mannschaft spielt gerade zu Hause mit unheimlicher Wucht, Dynamik und Zweikampfstärke.“ England-Spezialist Mertesacker weiß als Arsenal-Profi: „Der Respekt ist einfach gegenseitig.“

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