Vor Stichwahl zur Präsidentschaft in Peru: Aufbäumen gegen den Fujimori-Clan

Die Tochter des verurteilten Ex-Präsidenten Alberto Fujimori geht nun als Favoritin in die Stichwahl. Erneut protestieren Zehntausende.

Menschen auf einer Demo

Protestzug in Lima: Unter Fujimoris Vater wurden indigene Frauen zwangssterilisiert Foto: reuters

BUENOS AIRES taz | Die Präsidentschaftskandidatin Keiko Fujimori hat gute Chancen, die Stichwahl um das Präsidentenamt am Sonntag zu gewinnen. Im Land brechen die Proteste nicht ab: Am Dienstagabend gingen landesweit Zehntausende auf die Straße, um gegen die konservative Kandidatin zu demonstrieren.

Es ist nicht nur eine Stichwahl, die über das neue Staatsoberhaupt bestimmt, sondern auch die Abstimmung über die Rückkehr des Fujimori-Clans an die Macht. Mit Plakaten und Transparenten wie „Nie wieder Fujimori“ tun die Menschen ihre Sorgen gegen die Fujimoris kund. Keikos Vater, der früherer Präsident Alberto Fujimori (1990–2000), hatte sich 1992 mit Hilfe der Militärs an die Macht geputscht. Er verbüßt derzeit eine 25-jährige Haftstrafe wegen Menschenrechtsverletzungen und Korruption.

Frauen marschierten jetzt mit vor den Unterleib gehaltenen Zeichnungen von blutenden Eileitern. Darauf eine fortlaufende Nummer: „Ich bin 4172“. Sie erinnern damit an die Zwangssterilisation von bis zu 300.000 armen und indigenen Frauen, denen unter dem unverfänglichen Titel „Nationales Programm zur reproduktiven Gesundheit und Familienplanung“ von 1996 bis 2000 ohne ihr Wissen die Eileiter durchtrennt wurden.

Keiko wird den Verdacht nicht los, ihre erste Handlung als Präsidentin könnte die Begnadigung ihres Vaters sein. Die 41-Jährige hatte die erste Runde der Präsidentschaftswahl am 10. April mit 40 Prozent deutlich gewonnen, aber die notwendige absolute Mehrheit verfehlt. In der Stichwahl trifft sie auf den 77-jährigen Pedro Pablo Kuczynski. Er schaffte mit 21 Prozent den Sprung in die zweite Runde vor der linken Kandidatin Verónika Mendoza, die knapp 19 Prozent der Stimmen errang.

Die Umfragen sehen Keiko mit rund 53 Prozent vorn. PPK, wie Kuczynski genannt wird, kommt nur auf 47 Prozent. Doch die Werte beziehen sich nur auf die erwarteten abgegebenen und gültigen Stimmen. Das Zünglein an der Waage sind die bisher noch Unentschiedenen und jene Wahlberechtigten, die ungültig stimmen wollen. Und das sind zusammen rund 19 Prozent von 23 Millionen Wahlberechtigten, die wegen der herrschenden Wahlpflicht ihre Stimmen abgeben müssen.

Fujimoris Rivale Pedro Kuczynski

„Das Kind des Gauners ist auch ein Gauner“

Wirtschaftspolitisch unterscheidet die beiden KandidatInnen wenig. Beide setzen auf den Bergbau und den Export von Erzen und Metallen als Motor für die wirtschaftliche Entwicklung. Populistisch geschickt verspricht Keiko den unteren Schichten, davon mehr abgeben zu lassen. Derweil versucht sich Kuczynski als ehemaliger Wirtschafts- und Finanzminister, mehrfacher Direktor bei Banken und Öl- und Gasfirmen als der bessere Garant für zukünftige Investitionen in den Bergbau zu präsentieren.

Stimmen der Konservativen

Je näher der Wahlsonntag rückt und je deutlicher sich ein Sieg Keikos abzeichnet, desto mehr rückt der Fujimorismus ins Zentrum des Wahlkampfs. „Das Kind des Gauners ist auch ein Gauner, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, polterte der sonst eher altväterlich auftretende PPK. Am Montag rief Verónika Mendoza ihre Anhänger erstmals deutlich zur Wahl von PPK auf: „Jetzt ist klar, dass ein leerer oder ungültiger Stimmzettel nur Frau Fujimori nutzt. Um den Schritt des Fujimorismus an die Macht zu verhindern, bleibt nur, für PPK zu stimmen.“

Bei so viel Ablehnung ist schon verwunderlich, warum dennoch eine Fujimori abermals in den Präsidentenpalast einziehen könnte. Keikos Stimmen kommen von den nach wie vor zahlreichen autoritär-konservativen Anhängern ihres Vaters in der Mittel- und Oberschicht sowie von einer Stammwählerschaft in den Unterschichten im Norden und Zentrum des Landes. Auch wenn für viele der Name Fujimori für neoliberale Schocktherapie, Korruption, Menschenrechtsverbrechen und Diktatur steht, gilt Vater Alberto noch immer als erster Präsident, der sich um diese Menschen gekümmert hat.

Auch hat er den Ruf, mit dem Leuchtenden Pfad („Sendero Luminoso“) aufgeräumt zu haben. Die maoistische Guerilla wird für grausame Gewaltakte mit 70.000 Toten zwischen 1980 und 2000 verantwortlich gemacht. Gerade unter der ländlichen Bevölkerung und jenen, die vom Land in die Armengürtel um die größeren Städte geflüchtet sind, ist die Furcht vor einer Rückkehr der Guerilla groß.

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