Volksaufstand in Burkina Faso: Präsident Compaoré tritt ab

Nach neuen Massenprotesten verkündet Compaoré die „Vakanz“ der Staatsmacht. Ein General ernennt sich zum Übergangspräsidenten.

„Das Volk wird siegen“: Demonstranten in Ouagadougou, Freitagfrüh. Bild: reuters

BERLIN taz | Nach 27 Jahren an der Macht ist Blaise Compaoré, Präsident von Burkina Faso und dienstältestes Staatsoberhaupt in Westafrika, zurückgetreten. „Angesichts der schwer beschädigten und durch hartnäckige Störungen der öffentlichen Ordung gekennzeicheten soziopolitischen Lage […] erkläre ich die Vakanz der Staatsmacht“, verkündete der Staatschef am Freitagmittag.

Es war die Rücktrittserklärung, auf die Hunderttausende von Demonstranten in der Hauptstadt Ouagadougou seit dem frühen Morgen gewartet hatten. Spontan gab es Jubelfeiern. Zahlreiche Demonstranten waren am Freitag den zweiten Tag in Folge auf die Straße gegangen, um genau dies zu erwirken.

Bereits am Donnerstag hatten sie durch die Besetzung des Parlamentsgebäudes eine Verfassungsänderung gestoppt, mit der Compaoré bei den nächsten Wahlen im November 2015 erneut hätte antreten können. Sie hatten auch zahlreiche staatliche Gebäude und Villen gestürmt und teilweise geplündert.

In der Nacht hatten sich die Ereignisse überschlagen. Erst verhängte Compaoré den Ausnahmezustand. Dann verkündete Generalstabschef Honoré Traoré die „Suspendierung“ der Institutionen, um „in Abstimmung mit allen Kräften die Bedingungen für eine Rückkehr zur Verfassungsordnung innerhalb von 12 Monaten vorzubereiten“ – ein Militärputsch.

Am späten Abend schließlich trat Compaoré erneut vor die Mikrofone in einem Privatsender – der Staatsrundfunk war besetzt – und sagte, er selbst habe die Regierung abgesetzt und leite jetzt eine zwölfmonatige „Übergangszeit“.

Compaoré soll Ouagadougou verlassen haben

Für die radikale Opposition roch das nach abgekartetem Spiel zwischen Präsident und Militärs. „Die dramatischen Ereignisse in unserem Land haben allgemeine Verwirrung an der Staatsspitze gestiftet“, erklärte das Oppositionsbündnis und gab die Losung aus, bis zu den Freitagsgebeten müsse der Präsidentenpalast „befreit“ sein.

Generalstabschef Honoré Traoré ergreift die Macht, Freitagnachmittag. Bild: reuters

„Voraussetzung für jede Diskussion über einen politischen Übergang ist der bedingungslose Rücktritt von Blaise Compaoré“, erklärten die Oppositionellen und schlossen mit der Losung „Vaterland oder Tod, das Volk wird siegen!“

Neuer Wunschpräsident der Opposition ist der pensionierte General Kouamé Lougué, ein alter Freund des 1987 bei Compaorés Machtergreifung ermordeten Revolutionshelden Thomas Sankara. Übergangspräsident nach Compaorés Rücktritt wird jetzt aber doch Generalstabschef Traoré, ein langjähriger Freund Compaorés.

General Traoré erklärte sich am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz zum neuen Präsidenten und sagte, die Staatsmacht liege jetzt beim Volk. Die Opposition lehnt ihn ab. Laut Verfassung geht bei einer „Vakanz“ an der Staatsspitze das Amt des Staatschefs auf den Parlamentspräsidenten über.

„Alle politischen, zivilen und militärischen Kräfte müssen jetzt den Rahmen und Inhalt der bevorstehenden Übergangszeit besprechen“, sagte Oppositionsführer Zéphirin Diabré in einem Interview. Die Demonstranten gingen noch nicht nach Hause.

Compaoré selbst soll Ouagadougou verlassen haben und mit einem Autokonvoi in Richtung Pô unterwegs sein, einer Garnisonsstadt mit loyalen Elitetruppen nahe der Grenze zu Ghana.

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