Vogeljagd in Malta: Die Insel der Turteltauben-Mörder

Die EU hat die Vogeljagd im Frühjahr verboten. Malta setzt sich darüber hinweg und holt sich nun mit einem Referendum die Unterstützung seiner Bürger.

In Malta jetzt vogelfrei: die Turteltaube. Bild: imago/blickwinkel

ROM taz | Turteltauben und Wachteln, aber auch viele stärker bedrohte Vogelarten leben gefährlich, wenn sie auf ihrem Zug von den afrikanischen in die gemäßigteren europäischen Gefilde den Inselstaat Malta überqueren. Denn dort dürfen die durchziehenden Tiere ab dem heutigen Dienstag wieder geschossen werden. Das haben die maltesischen Bürger bei einem Referendum am Wochenende mit einer knappen Mehrheit von 50,4 Prozent entschieden.

Malta ist EU-weit der letzte Staat, der auch im Frühjahr die Jagd auf Vögel gestattet und sich damit über geltendes Unionsrecht hinwegsetzt. Zugleich ist die Insel wegen ihrer zentralen Lage im Mittelmeer eine wichtige Zwischenstation für die Zugvögel auf ihren Wanderungen von Afrika nach Europa. 11.000 Turteltauben und 5.000 Wachteln sind dieses Jahr zum Abschuss freigegeben. Zum Vergleich: Nach Angaben des deutschen Umweltverbands Nabu nisten in Deutschland inzwischen nicht mehr als 30.000 Turteltaubenpaare, halb so viel wie noch vor zwölf Jahren.

Damit hat sich auf der Insel die mächtige Lobby der Jäger durchgesetzt, die 14.000 Männer und Frauen mit Gewehren plus einige tausend Fallensteller vertritt. Ihr Revier misst bloß 315 Quadratkilometer und dürfte damit das weltweit am intensivsten bejagte Stück Erde sein. Insgesamt 32 Zugvogelarten sind zum Abschuss frei. Offiziell darf jeder Jäger allerdings am Tag nur zwei und in der gesamten Saison vier Vögel erlegen.

Wieviel Tiere sie geschossen haben, melden die Jäger allerdings selbst, eine Kontrolle findet praktisch nicht statt: Den 14.000 Schützen stehen nur zehn Beamte der Umweltpolizei gegenüber, die mit zwei bis fünf Wagen auf Patrouillenfahrt gehen.

Warnung vor wahllosem Mittöten

Vogelschützer gehen davon aus, dass die Jäger ihre Jagderfolge bei der Meldung systematisch unterschätzen – nur wenn sie im vorgegebenen Rahmen bleiben, dürfen sie außer im Herbst auch im April und Mai auf die Vögel schießen.

Die Experten von BirdLife Malta, dem größten ortsansässigen Schutzverband, monieren vor allem, dass auch geschützte Arten wie Störche, Mauersegler oder Turmfalken wahllos mitgetötet werden. 2011 etwa wurden binnen weniger Stunden sieben Störche erlegt, 2014 ließ Ministerpräsident Joseph Muscat gar die Jagdsaison für einen Monat unterbrechen, nachdem zwei Störche dem Jagdfieber zum Opfer gefallen waren. Viel höher schätzen die Vogelschützer die Zahl der nichtdokumentierten Fälle ein.

Schon 2009 verurteilte der Europäische Gerichtshof Malta, weil es EU-Recht verletzt: Die Frühlingsjagd ist generell verboten, weil die Vögel ihre Brutperiode noch vor sich haben und ein Schießen zu diesem Zeitpunkt die Fortpflanzungskette unterbricht. Doch der Inselstaat setzte sich mit immer neuen Ausnahmegenehmigungen darüber hinweg.

Die Folge: Auch in noch intakten Lebensräumen verzeichnen viele der Arten, die über Malta ziehen – zum Beispiel Pirole oder Wespenbussarde – massive Bestandseinbrüche. Mehrere europäische Umweltverbände fordern die EU-Kommission deshalb auf, die maltesische Ausnahmeregelung zu kassieren.

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