Viel wenig Geld: Der gespaltene Arbeitsmarkt

Überdurchschnittlich hoch ist die Zahl der Bremer, die im im Niedriglohnsektor arbeiten – vor allem im Gastgewerbe. Aber es gibt auch viele Gutverdiener

Goldene Fritten verschaffen kein glänzendes Einkommen Foto: Andreas Wrede (dpa)

BREMEN taz | Wirtschaftswachstum und Stellenzuwachs passen in Bremen nicht zusammen, Leiharbeit boomt und der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern ist immens: Das hat die Arbeitnehmerkammer in ihrem letzten „Bericht zur Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land Bremen“ aufgezeigt. Jetzt aber hat sie ausnahmsweise etwas Positives zu berichten: Bremer ArbeitnehmerInnen haben 2015 deutlich mehr verdient.

Verantwortlich dafür, sagte bei der Präsentation der Auswertung Ingo Schierenbeck, Geschäftsführer der Arbeitnehmerkammer, sei der gesetzliche Mindestlohn. Gepaart mit der niedrigen Inflation verursachte der im vergangenen Jahr einen durchschnittlichen Reallohnzuwachs von 2,2 Prozent bei einer nominalen Steigerung von 2,6 Prozent – der höchsten seit fünf Jahren. Dass dies am Mindestlohn liegt, zeigt sich an jenen, die am meisten von ihm profitieren: Teilzeitkräfte und ungelernte ArbeitnehmerInnen.

Letztere erzielten 2015 nominal drei Prozent mehr Lohn, Teilzeitbeschäftigte 3,1 Prozent mehr. Innerhalb der beiden Beschäftigtengruppen hat der Mindestlohn vor allem im traditionell mies bezahlten Gastgewerbe gegriffen. Hier lag die Steigerung bei 8,7 Prozent. Und: Hier wurden viele Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt.

„Der Mindestlohn ist unserer Auffassung nach ein wirksames Mittel zur Armutsbekämpfung“, so Schierenbeck. Auch, dass er ab Januar auf 8,84 Euro pro Stunde steige, sei begrüßenswert, aber: „Er muss in größeren Schritten angehoben werden. Um eine armutsfeste Rente zu bekommen, muss er bei über elf Euro liegen.“ Wer weniger verdient, bekommt so wenig Rente, dass er im Alter auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen ist.

Im Durchschnitt hat 2015 jedEr vollzeitbeschäftigte BremerIn 3.709 Euro brutto verdient – das klingt viel und liegt im Ranking der Bundesländer tatsächlich auch fast einhundert Euro über dem Durchschnitt. Aber: Das liegt vor allem an Fachkräften, die im Ländervergleich in Bremen Spitzenverdiener sind: Nur in Hamburg und Baden-Württemberg werden sie besser bezahlt. Das drückt den Bremer Durchschnittsverdienst erheblich nach oben.

Denn umgekehrt sieht es gar nicht gut aus: Der Niedriglohnsektor, also der Bereich, in dem ArbeitnehmerInnen weniger als zwei Drittel des durchschnittlichen mittleren Einkommens verdienen, ist hier besonders groß. Mit 19,9 Prozent liegt auch dieser Arbeitsplatz-Anteil in Bremen über dem Bundesdurchschnitt.

„In diesem Bereich“, sagt Kammer-Geschäftsführerin Elke Heyduck, „können wir leider keine Entwarnung geben.“ Rund jedEr fünfte ArbeitnehmerIn im Land Bremen arbeitet im Niedriglohnsektor, über 45 Prozent der Beschäftigten ohne Berufsabschluss sind Geringverdiener – und auch hier ist das Gastgewerbe wieder besonders auffällig: 75,4 Prozent der dort Vollzeitbeschäftigten verdienen maximal 2.146 Euro brutto im Monat.

„Der Bremer Arbeitsmarkt ist gespalten“, sagt Heyduck. Das bedeutet: An den Rändern liegt er jeweils über dem Durchschnitt. Und während in den überdurchschnittlich gut bezahlten Industriearbeitsplätzen vorwiegend Männer arbeiten, sind es die Frauen, die zum größten Teil am „unteren Rand“ tätig sind: Im Gastgewerbe, im Helferbereich, im Sozial- oder im Gesundheitswesen.

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