VfB Stuttgart vor Pokalfinale: Der Schwabe stinkt vom Kopf

Die Wahl eines neuen Präsidenten ist für den VfB Stuttgart wichtiger als das Pokalfinale gegen Bayern. Der krasse Außenseiter hofft auf den „perfekten Tag“.

Nur einer wird den Pokal mit nach Hause nehmen: Labbadias (li.) Stuttgarter sind dabei die Außenseiter. Bild: dpa

STUTTGART taz | Als der Flieger am Donnerstag in Stuttgart abhob, schien die Sonne. Als er in Berlin landete, wurde der VfB-Tross von einem wolkenverhangenen Himmel empfangen. Doch als schlechtes Omen wollen sie das in der Stuttgarter Sektion der mitunter schwer abergläubischen Spielerbranche nicht verstanden wissen.

Kapitän Serdar Tasci, der schon 2007 bei der Stuttgarter Finalniederlage gegen den 1. FC Nürnberg auf dem Platz stand, hofft auf „den perfekten Tag“, wenn es im Pokalfinale (Samstag, 20 Uhr) gegen die Bayern geht.

Was soll ein Mensch auch sagen, der den Finalgegner zuvor in epischer Breite gelobt hat und den seine Kollegen ja nicht ohne Grund als „wahrscheinlich beste Mannschaft Europas“ (Trainer Bruno Labbadia) respektive „der Welt“ (Ibrahima Traoré) einstufen.

Ähnlich würden sich wohl auch die Angestellten aller 17 Bundesligavereine äußern, wenn sie in einem DFB-Pokalfinale auf den FC Bayern treffen. Doch beim VfB schwingt bei all den Demutsadressen an die Übermannschaft aus Bayern zusätzlich eine gehörige Portion Wehmut mit.

Augenfällig ist schließlich, dass diese Mannschaft, die noch 2007 Deutscher Meister war und 2012 Sechster wurde, mittlerweile doch arg viel Platz zum oberen Tabellendrittel lässt. Gerade eben wurde die Saison mit 43 Punkten auf Rang 12 abgeschlossen (FC Bayern: 91 Punkte). Am Ende war man froh, überhaupt die Klasse gehalten zu haben.

Die Fans erwarten zu viel

Dementsprechend hoch ist die Unzufriedenheit an der Basis. Und das liegt längst nicht nur an der zum Teil überzogenen Erwartungshaltung des Publikums, die hinter vorgehaltener Hand auch die VfB-Spieler als unerträglich geißeln und die dazu geführt hat, dass die Spieler deutlich lieber auswärts spielen als daheim.

Nein, die Skepsis der Fans ist in dieser Saison wirklich begründet. Die Darbietungen des VfB waren in dieser Spielzeit oft wirklich zum Grausen. Vor allem vor heimischem Publikum, wo es nicht nur gegen die Bayern eine Niederlage setzte – sondern auch gegen Wolfsburg, Hoffenheim, Hannover, Bremen, den HSV und Greuther Fürth.

Schlimmer ist jedoch, dass dem Klub schon lange der Kurs fehlt. Ausgerechnet da, wo einst die „Jungen Wilden“ für Schlagzeilen sorgten, haben es die nachrückenden Spieler heute besonders schwer. Bruno Labbadia muss sich tatsächlich zumindest den Vorwurf gefallen lassen, dass ein Jugendspieler bei ihm schon sehr, sehr weit sein muss, um sich in der ersten Mannschaft bewähren zu dürfen.

Probleme ausbaden

Immerhin: Raphael Holzhauser (20) und Antonio Rüdiger (20) sind unter Labbadia zumindest in den 16-er Kader gerückt. Doch auch mit ihnen ist der Coach strenger als mit gestandenen Profis. Für Labbadia spricht allerdings, dass seine Elf die besten Laufwerte der Liga hat und auch nach Rückschlägen nicht aufgibt.

„Wir müssen Probleme bewältigen, die wir anstandslos mitnehmen“, erklärte Labbadia Mitte April. Sportdirektor Fredi Bobic und er könnten „nichts für die Probleme, die jetzt da sind, wir baden sie nur aus“. Das stimmt: Beim VfB stinkt der Fisch vom Kopf her.

Aufsichtsrats-Boss Dieter Hundt ist spätestens seit der Installierung des untauglichen ehemaligen Porsche-Marketingchefs Gerd Mäuser als Präsident im Verein untendurch.

Rücktritt ist kein Thema

Die Ultras von „Commando Cannstatt“ („Hundt mach Platz“) artikulieren da nur die Mehrheitsmeinung in der Stuttgarter Arena. Hundt dürfte mit der Personalie Mäuser den letzten entscheidenden Fehler gemacht haben, von einem eigenen Rücktritt will er allerdings nichts wissen.

Am 22. Juli wird beim VfB nun ein Nachfolger von Mäuser gewählt, die Stuttgarter Nachrichten kolportieren in der Freitagsausgabe, dass DFB-Sportdirektor Oliver Bierhoff nicht abgeneigt sein könnte.

So oder so: Über den Termin Mitte Juli wird intern öfter geredet als über das Pokalfinale. Kein Wunder, schließlich hängt von der Entscheidung weit mehr ab als von einem Finale, in das der VfB als denkbar krasser Außenseiter geht.

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