Verkehrswende in Bremen: Endstation 2,80 Euro

Weil vor allem arme Menschen von teuren BSAG-Tickets betroffen sind, fordert die Linke die Aussetzung von Fahrpreiserhöhungen.

Straßenbahnschienen zwischen Autofahrspuren, dahinter ein Sonnenuntergang

Mit teurem Nahverkehr kann man sogar zum wunderschönen Walle-Center fahren Foto: Gareth Joswig

BREMEN taz | Eine Kurzstrecke bei der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) ist in Bremen nicht nur deutlich kürzer als in anderen Städten, sondern auch teurer. Nach Einstieg umfasst sie drei oft nah beieinander liegende Stationen. Gut fünfzehn Minuten dauert es etwa, den guten Kilometer von der Domsheide am Marktplatz vorbei durch die Fußgängerzone bis zu Radio Bremen zu laufen. Die BSAG will für die Fahrt 1,45 Euro haben. Fährt man noch eine poplige Station weiter, ist man sofort beim Vollpreis: macht 2,80 Euro.

Die Tickets für den öffentlichen Nahverkehr in Bremen sind so teuer wie in kaum einer anderen Stadt Deutschlands. Kinder sind ab sechs Jahren kostenpflichtig und Sozialtickets kosten mit 38,50 Euro ein Vielfaches von dem, was sie etwa in Berlin kosten. Die Tendenz zieht sich durch: Schülertickets, Monatskarten, Wochentickets, alles vergleichsweise teuer in Bremen. Und, am erstaunlichsten: In Bremerhaven, einer der ärmsten Städte Deutschlands, gibt es nicht einmal mehr ein Sozialticket.

Das soll sich ändern. Darüber waren sich während der Debatte zu den Preisen im öffentlichen Nahverkehr in der Bürgerschaft am Mittwoch fast alle Fraktionen einig. Dissens gab es allerdings darüber, wie das geschehen sollte.

Die Linke hatte per Dringlichkeitsantrag vorgeschlagen, die Preise für den öffentlichen Nahverkehr vorerst einzufrieren und mit Steuermitteln auszugleichen. Ein entsprechender Antrag wurde zur weiteren Befassung mit Stimmen aus allen Fraktionen in die Deputation für Bau und Verkehr verwiesen. Eine erneute Erhöhung des Fahrpreises soll für 2019 ausfallen, so die Hoffnung.

Stagnierender Zuschuss, steigende Ticketpreise

Aus Sicht der Linken sind die anhaltenden Tariferhöhungen „oberhalb der Schmerzgrenze und treffen vor allem arme Menschen“, wie Nelson Janßen sagte. Aus einer Großen Anfrage der Partei geht zudem hervor, dass der Senat den öffentlichen Nahverkehr weniger bezuschusst als andere Länder – der Zuschuss stagniert seit Jahren bei 50 Millionen Euro, während die Ticketpreise stiegen.

Insgesamt geht es jedoch um mehr als das: Ein generelles neues Verkehrskonzept soll her und das wird wohl ein Wahlkampfthema für die Bürgerschaftswahl 2019. Aus Sicht der Linken müsste der Senat jährlich 22 Millionen Euro mehr ausgeben, um einen sozialverträglichen Nahverkehr zu realisieren. Dann nämlich wäre es möglich, die Preise auf 2,50 zu senken, Stadttickets für 25 Euro anzubieten und eine Jahreskarte für 365 Euro, so der Plan der Linken.

Ralph Saxe, Grüne

„Ein Auto steht täglich 23 Stunden sinnlos in der Gegend herum“

Die Grünen hatten zuletzt ein ähnliches Konzept vorgestellt. Auch hier soll nach Wiener Vorbild ein Jahresticket 365 Euro kosten. In Wien nämlich sind nach der Einführung des günstigen Jahrestickets viele Menschen auf Bus und Bahn umgestiegen – das hat bei gleichzeitigem Streckenausbau sogar zu Gewinnen geführt. Die BSAG hatte sich demgegenüber aufgeschlossen gezeigt.

Allerdings müsse man dafür die Qualität ausbauen und in den öffentlichen Raum eingreifen, wie Ralph Saxe von den Grünen sagt. Es sei eine Ungerechtigkeit im System, dass Kommunen dreimal soviel in den Autoverkehr investierten wie in den ÖPNV: „Ein Auto steht täglich 23 Stunden sinnlos in der Gegend herum“, so Saxe.

Die SPD wirbt dafür, den Nahverkehr für Unter-18-Jährige kostenfrei zu machen und die CDU gab zu bedenken, dass man mit einer Senkung der Ticketpreise möglicherweise niedersächsische Pendler finanziere.

Die FDP will erst über die ÖPNV-Qualität reden. Für ihre Wählerschaft gilt offenbar: „Manche werden den ÖPNV nicht nutzen wollen, weil es keine erste Klasse gibt und öffentlicher Nahverkehr nicht ins Lebenskonzept passt“, so Magnus Buhlert.

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