Verkauf der WAZ-Gruppe: Der ausgebuffteste Patriarch

Die WAZ wird verkauft. Käuferin ist eine alte bekannte: Die Tochter eines Mitgründers und ihr Mann wollen die Gruppe erwerben - zu einem überraschend niedrigen Preis.

Veränderungen stehen an bei der WAZ-Gruppe. Bild: dapd

BERLIN taz | Eigentlich sieht es bei WAZzens in der Essener Friedrichstraße wie immer aus. Das Sammelsurium aus baulichen Scheußlich- und Zweckmäßigkeiten, die das Hauptquartier einer der größten deutschen Medienhäuser darstellten, strahlt gediegene Langeweile aus.

Drinnen aber brummt es wie im Bienenstock: Die WAZ-Gruppe wird verkauft, alle Titel (WAZ, Neue Rhein/Ruhr Zeitung, Westfalenpost und Westfälische Rundschau) berichten in eigener Sache. Das hat es in über 60 Jahren WAZ-Geschichte noch nie gegeben.

Der Verkauf werde für die Beschäftigten "keine Konsequenzen haben", sei ihnen mitgeteilt worden, sagen WAZ-Menschen, die zur Arbeit gehen. Und ämüsieren sich, wie nonchalant die ersten Köpfe rollen, obwohl der Deal noch gar nicht durch ist: Das "kämpferische Ruhrgebietskind" Bodo Hombach, einer der WAZ-Geschäftsführer, steht auf der Abschussliste.

Die Käuferin ist nämlich mehr als eine gute Bekannte: Petra Grotkamp (67), einer der Töchter von WAZ-Mitgründer Jakob Funke, gehörten schon heute knapp 17 Prozent des Ladens. Nun will sie für 500 Millionen Euro die Hälfte der Anteile übernehmen, die den Erben des anderen WAZ-Gründers Erich Brost gehören.

Machtverlust an der Doppelspitze

Hinter dem Deal steht Gatte Günther, der mit 84 allen noch mal zeigt, wer der ausgebufftetste Patriarch im Revier ist. Günther Grotkamp hatte von 1975 bis 2000 die WAZ-Gruppe als Geschäftsführer von Funkes Gnaden groß und mächtig gemacht. In den letzten Jahren haderte er mit dem Zerbröseln seines Werks.

Schon länger scheint die Konzern-Doppelspitze ans Ende gekommen zu sein, bei der immer ein Geschäftsführer vom Brost- und der andere vom Funke-Clan ernannt wurde, alle Beschlüsse einstimmig gefasst werden mussten. "Klare Gesellschafterstrukturen" wolle sie schaffen, um sicherzustellen, "dass die WAZ-Mediengruppe auch künftig als Familienunternehmen Erfolg haben kann", so Petra Grotkamp in einem Statement.

In der Branche wundert man sich über den Preis: "Nur" 500 Millionen Euro für den Laden mit 1,1 Milliarde Umsatz, der seine genauen Geschäftsergebnisse sorgsam verschweigt? "Das erscheint mir unterbewertet", sagt Verlagsexperte Horst Röper. Es sei denn, um WAZ stünde es schlechter als bislang angenommen.

Kommt das Geschäft zustande, hat der Funke-Clan, also die Grotkamps, gewonnen. Zwar wollten auch die Brosts ihre Anteile in der Familie halten, doch Erich Brost hatte seinen leiblichen Sohn Martin schon zu Lebzeiten ausbezahlt. Und nun wollen die Enkel knapp ein Jahr nach Tod von Brosts Witwe Anneliese verkaufen.

Brosts Geschäftsführer muss gehen

Noch ist da Peter Heinemann vor: "Ich werde alles gründlich prüfen und die testamentarische Verfügung (...) und die Interessen der Enkel abwägen", sagt der Testamentsvollstrecker von Anneliese Brost in der WAZ.

Dort schmeisst Oberchefredakteur Ulrich Reitz schon mal einen alten Bekannten raus: Bodo Hombach (SPD), den die Brosts 2002 als Geschäftsführer zur WAZ holten, hat in seiner Karriere schon so manche Kündigung auf dem Tisch gefunden. So eine aber noch nicht.

"Wenn der Deal läuft wie geplant", schreibt Reitz, "gerät die traditionelle Simultan-Geschäftsführung, ein Manager von Brost, einer von Funke, an ihr Ende. Hombach, das kämpferische Ruhrgebietskind, würde nach neun Jahren an der WAZ-Spitze gehen".

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