Verdeckte Ermittlerin bei Roter Flora: Undercover für zwei Behörden

Die in der linken Szene eingesetzte verdeckte Ermittlerin hatte eine Doppelfunktion, gibt die Polizei zu. Ihre Flirts seien aber nicht vorgesehen gewesen.

In der Roten Flora in Hamburg trieb „Iris Schneider“ ihr Unwesen Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Einsatz der verdeckten Ermittlerin Iris P. mit der Legende und dem Decknamen „Iris Schneider“ in der linken Szene Hamburgs nimmt immer größere Dimensionen an. Innensenator Michael Neumann (SPD) musste am Dienstagabend im Innenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft einräumen, dass „Iris Schneider“ – „nach den bisherigen Kenntnisstand“, wie er immer wieder betonte – ab dem 1. April 2002 als verdeckte Ermittlerin der Staatsschutzabteilung 8 des Landeskriminalamts (LKA) Hamburg doppelt als Agentin in der linken Szene tätig war: sowohl für die Bundesanwaltschaft zur Strafverfolgung als auch für das LKA zur Gefahrenabwehr.

Zur Aufklärung der Polizeiaffäre hatte Neumann eine Ermittlungsgruppe unter Leitung von Polizeipräsident Ralf Meyer beim LKA einsetzen lassen, die 10.000 Blätter Akten „händisch“ auswertete und Kollegen von Iris P. verhörte. Danach stehe fest, dass Iris P. zunächst ab dem 1. August 2001 „nach einer Einarbeitungszeit“, so Innenbehörden-Sicherheitschef Bernd Krösser, vom LKA als verdeckte Ermittlerin in die Szene um das autonome Stadtteilzentrum Rote Flora geschickt wurde. Da sich Iris P. seit 2000 in der Szene getummelt haben soll, war dies wohl die Einarbeitungsphase.

Begründet wurde der Einsatz mit der Vielzahl an Brandanschlägen aus der linken Szene. „Eine schriftliche Begründung für Einsatz konnte nicht mehr gefunden werden“, sagte Krösser. Überhaupt seien fast alle Dokumente aus Gründen des Datenschutzes gelöscht.

Als im April 2004 das BKA im Auftrag der Bundesanwaltschaft um Amtshilfe gebeten habe, sei „Iris Schneider“ mit einem Beschluss des Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof zur Strafverfolgung eingesetzt worden. Da das LKA aber nicht gänzlich auf Iris P. verzichten wollte, wurde ihre Tätigkeit dort umdefiniert zur „verdeckten Aufklärerin“ und „Beamtin für Lagebeurteilung“.

Noch einige Unklarheiten

Das sind zwei nicht zueinander passende Rechtsgrundlagen. Die verdeckte Ermittlerin Iris P. durfte zur Strafverfolgung laut Richterbeschluss auch personenbezogene Daten sammeln und Privatwohnungen betreten, während dies der verdeckten Aufklärerin Iris P. eigentlich verwehrt war.

„Ihre Erkenntnisse waren wertvoll zur Einschätzung von Aktionen“, sagte Polizeipräsident Meyer. Das Engagement von Iris P. beim linken Radio Freies Sender Kombinat (FSK) bleibt weiter unklar. „Es liegen keine Unterlagen mehr vor“, sagte Meyer. Mit der Razzia beim FSK im November 2003 habe sie nichts zu tun gehabt und auch der zuständige Führungsbeamte habe angegeben, dass sie für die Infiltrierung des FSK keinen Auftrag erhalten habe. Dennoch habe Iris P. eingeräumt, so Krösser, beim FSK Sendungen moderiert zu haben und in der aktuellen Demo-Berichterstattung tätig gewesen zu sein.

Was die beiden eingegangenen Liebesbeziehungen angehe, dauern die Ermittlungen laut Meyer noch an. Hätte Iris P. die Beziehungen offengelegt, wäre der Einsatz abgebrochen worden, sagte Meyer: „Solche Mittel wollen wir nicht.“

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