Verdacht gegen US-General: Plaudern über Stuxnet

Der ehemals zweithöchste Offizier der USA soll geheime Informationen über Stuxnet rausgegeben haben. Zudem weitete Obama die beschränkte Vorratsspeicherung aus.

Obama weitete sowohl das Stuxnet- als auch das Spähprogramm Prism aus. Bild: ap

WASHINGTON dpa/rtr | Der US-Geheimdienst NSA hat nach einem Bericht der britischen Zeitung The Guardian auch Verbindungsdaten von US-amerikanischen Internet-Nutzern gesammelt. Unter Berufung auf einen geheimen Bericht der NSA-Aufsicht aus dem Jahr 2009 berichtete das Blatt am Donnerstag auf seiner Internetseite, es gehe um E-Mail-Adressen sowie um die den Standort eines Rechners preisgebenden IP-Adressen.

Ursprünglich sei dieses kurz nach den Anschlägen von 2001 gestartete Spähprogramm, was einer Vorratsspeicherung gleicht, beschränkt gewesen auf die Kommunikation unter Ausländern oder zwischen einer Person im Ausland mit jemanden in den USA. Von 2007 an sei es Jahre lang aber auch um Daten von US-Bürgern und in den USA ansässigen Personen gegangen.

Zuletzt war unter dem Namen „Prism“ das wohl größte bekannte Ausspäh-Programm öffentlich geworden. Dabei sollen in den USA Verbindungsdaten von Telefonkunden gesammelt sowie massenhaft E-Mails, Fotos, Videos, Dokumente und Audio-Dateien kontrolliert worden sein.

Neben dem mutmaßlichen Wikileaks-Informanten Bradley Manning und NSA-Enthüller Edward Snowden gibt es in den USA nach Medienberichten möglicherweise einen weiteren Fall von schwerem Geheimnisverrat. Demnach wird der ehemals zweithöchste Offizier des Landes beschuldigt, geheime Informationen über eine Cyberattacke der USA gegen den Iran an die Presse weitergegeben zu haben.

Wie der Sender NBC am Donnerstagabend (Ortszeit) berichtete, hat das Justizministerium Ermittlungen gegen den pensionierten General James Cartwright eingeleitet, der von 2007 bis 2011 stellvertretender US-Generalstabschef war. Er werde beschuldigt, geheime Informationen über die sogenannte Stuxnet-Attacke im Jahr 2010 gegen das Atomprogramm des Mullah-Regimes an die New York Times weitergegeben zu haben.

Cartwright sei über die Untersuchungen informiert worden, hieß es weiter. NBC berief sich dabei auf Justizkreise. Eine Bestätigung des Ministeriums lag aber zunächst nicht vor. Auch Cartwright selbst äußerte sich nicht.

Schwerer Schlag

Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wäre es ein weiterer schwerer Schlag für die Regierung von US-Präsident Barack Obama, die bereits durch die Veröffentlichung Tausender vertraulicher und geheimer Botschaftsdepeschen durch die Enthüllungsplattform Wikileaks und jüngst durch die Bekanntmachung der Datensammelwut amerikanischer und britischer Geheimdienste durch den Ex-Geheimdienstler Edward Snowden unter Druck geraten ist.

Die New York Times hatte im vergangenen Jahr berichtet, dass Cartwright unter dem damaligen Präsidenten George W. Bush die Idee für die Cyber-Operation mit dem Codenamen „Olympic Games“ gehabt und sie dann auch geleitet habe. Obama habe eine Beschleunigung des Programmes angeordnet. 2010 seien dann bei einem Angriff mit dem Stuxnet-Virus vorübergehend 1000 Zentrifugen zur Urananreicherung im Iran lahmgelegt worden.

Der Zeitungsbericht beschrieb geheime Treffen im Weißen Haus und berief sich auf Interviews mit „derzeitigen und früheren amerikanischen, europäischen und israelischen Offiziellen, die in das Programm verwickelt waren“. Demnach habe der US-Geheimdienst NSA zusammen mit Israelis Stuxnet entwickelt.

Die National Security Agency (NSA) steht auch im Zentrum der Enthüllungen Snowdens. Der 30-Jährige hatte sich eigens in die Dienste des US-Militärnachrichtendienstes begeben, um dessen Überwachungs- und Ausspähprogramme öffentlich zu machen, wie er der South China Morning Post in einem Interview sagte. Allein aus diesem Grund habe er einen Job bei einer Beraterfirma angenommen, die im Auftrag der NSA an der Internet-Überwachung beteiligt war.

Snowden, der von der US-Justiz des Geheimnisverrats beschuldigt und gesucht wird, war am vergangenen Sonntag von Hongkong nach Moskau geflohen. Dort hält er sich nach russischen Angaben noch im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo auf.

„Keine Grundlage“

Washington dringt weiterhin auf eine Ausweisung des 30-Jährigen. Man sei mit Moskau darüber noch im Gespräch, sagte der stellvertretende US-Sicherheitsberater Ben Rhodes am Donnerstag. Er nannte allerdings keine Einzelheiten.

Dagegen meldete die russische Agentur Interfax unter Berufung auf einen nicht näher bezeichneten Informanten, dass Moskau noch auf einen Auslieferungsantrag der USA warte. Bisher hätten Russen und Amerikaner nur auf diplomatischer Ebene gesprochen. Es gebe lediglich eine inoffizielle Bitte, Snowden zu überstellen. „Das ist keine Grundlage für irgendwelche ernsthaften Schritte von russischer Seite - vor allem mit Blick auf die bilateralen Beziehungen, um die es gegenwärtig nicht zum besten bestellt ist“, sagte der Informant.

Die USA wollen Snowden den Prozess machen. Um der Strafverfolgung zu entfliehen soll er in Ecuador bereits einen Asylantrag gestellt haben. In der Londoner Vertretung des südamerikanischen Landes harrt bereits sei mehr als einem Jahr Wikileaks-Gründer Julian Assange aus, dem wegen der Veröffentlichung der Botschaftsdepeschen ebenfalls ein Strafverfahren in den USA droht. Der mutmaßliche Informant seiner Enthüllungsplattform, Bradley Manning, steht derzeit im US- Bundesstaat Maryland vor einem Militärgericht. Die Anklage wirft dem 25-Jährigen den schwersten Geheimnisverrat in der Geschichte der USA vor.

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