Vattenfall gräbt historisches Areal um: Braunkohle statt Märchensee

Vattenfall baggert ein Gebiet in Sachsen ab, das Anwohner geschützt sehen wollen. Direkt daneben befindet sich ein Teil des Unesco-Weltkulturerbes.

Der Muskauer Park ist seit 2004 geschütztes Gebiet. Bild: dpa

BERLIN taz | Der Energiekonzern Vattenfall zerstört mit seinem Braunkohletagebau Nochten historisches Gelände. Im Urwald Weißwasser in Sachsen roden seine Mitarbeiter gerade ein Gebiet, in dem Anfang des 19. Jahrhunderts der Landschaftsarchitekt und Schriftsteller Fürst Hermann von Pückler-Muskau in seinem Jagdschloss residierte.

Nur wenige Kilometer entfernt befindet sich Bad Muskau – mit dem weltberühmten Muskauer Park, der seit dem Jahr 2004 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Formal ist das Gebiet, das nun abgebaggert wird, zwar nicht Teil davon – historisch aber schon: Pückler schuf den Muskauer Park zwischen 1816 und 1845 und logierte oft in seinem Jagdschloss bei Weißwasser.

Auch dort wirkte Pückler landschaftsgärtnerisch. Wenige hundert Meter vom Schloss entfernt legte er einen See an, den „Märchensee“. Der Urwald Weißwasser zeichnet sich zudem durch eine besondere Artenvielfalt bei Tieren und Pflanzen aus.

Die Zerstörung dieses Gebiets ist für die Bewohner der Region zum Symbol für die Zerstörung durch den Braunkohletagebau geworden. „Beim Urwald Weißwasser zeigt sich besonders erschütternd, wie der Kohlekonzern Vattenfall das Natur- und Kulturerbe der Region vernichtet“, sagt etwa René Schuster von der Grünen Liga.

Fassungslose Anwohner

Auch die Sorbin Edith Penk ist wie viele andere Einwohner der Region fassungslos. Ihrer Meinung nach gehört der Urwald Weißwasser sogar zum Unesco-Weltkulturerbe. „Die Unesco müsste hier unbedingt einschreiten“, fordert sie. „Vattenfall zerstört Weltkulturerbe.“ Die Unesco-Zentrale in Paris, deren Komitee derzeit in Pnomh Pen über die Aufnahme weiteren Welterbes diskutiert, nahm auch auf Anfrage keine Stellung dazu.

Ein Vattenfall-Sprecher teilte mit, man könne aus wirtschaftlichen und technischen Gründen nicht auf das Gebiet verzichten. Inzwischen bearbeiten Mitarbeiter des Konzerns die historische Jagdschlosswiese. Dort sind zwar nur noch Grundmauern übrig, weil das Schloss im Zweiten Weltkrieg zerstört worden ist. Doch Anwohner wie Edith Penk fordern einen Wiederaufbau wie für das Schloss im geschützten Muskauer Park.

Vattenfall hat für den Tagebau Nochten I eine offizielle Genehmigung, doch Penk ist der Meinung, diese sei rechtswidrig. „Die Genehmigung ist doch nur durch Mauscheleien zustande gekommen“, sagt sie.

Neben Nochten I hat Vattenfall das Gebiet Nochten II zur Abbaggerung beantragt. Wird das genehmigt, würden mehrere Dörfer zerstört werden, über 1.500 Menschen verlören ihre Heimat und müssten umsiedeln. Auch dagegen regt sich heftiger Protest vor Ort. Die Entscheidung soll im Herbst erfolgen.

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