VWler stimmen über Betriebsrat ab: Arbeitnehmerrechte für Chattanooga

Bei Volkswagen im US-amerikanischen Chattanooga entscheiden die Beschäftigten über einen Betriebsrat. Die Konservativen toben.

Wer hier arbeitet, darf erstmal abstimmen. Bild: dpa

WASHINGTON taz | „Unamerikanisch“ nennt Senator Bo Watson den möglichen Einzug einer Gewerkschaft in eine VW-Fabrik. Der Gouverneur von Tennessee, Bill Haslam, sieht darin: „ein Hindernis für die künftige Ansiedlung von Unternehmen in Tennessee“. Und auf riesigen Anzeigentafeln in Chattanooga und in Werbespots in örtlichen Radiosendern mahnen Slogans, dass die Autogewerkschaft UAW den Niedergang der Stadt einleiten werde.

Finanziert sind sie von einer Lobbygruppe von Grover Norquist in der fernen US-Hauptstadt, die sonst Wahlkampagnen für die Rechtsaußen der Republikaner finanziert.

Anlass für die Aufregung im radikal-rechten Lager im tiefen Süden der USA ist eine betriebsinterne Abstimmung im VW-Werk Chattanooga. Bei dem am Mittwoch beginnenden zweitägigen Urnengang können mehr als 1.500 Beschäftigte die Frage beantworten: „Möchten Sie bei Tarifverhandlungen von der Gewerkschaft UAW vertreten werden?“

Falls sie mehrheitlich mit Ja antworten, kann VW in Chattanooga einen Betriebsrat einführen. Falls das Nein siegt, wird Chattanooga weiterhin das einzige VW-Werk weltweit ohne Betriebsrat bleiben. Denn in den USA ist kollektive Interessenvertretung nur erlaubt, wenn eine externe Gewerkschaft im Betrieb vertreten ist.

Administrative Hindernisse

Tennessee ist einer von 24 Bundesstaaten der USA, die ein Gesetz mit dem irreführenden Namen „Right-to-Work“ – Recht auf Arbeit – haben. Diese Gesetze haben das Ziel, Gewerkschaften fernzuhalten. Sie tun das vor allem mit administrativen Hindernissen. Eines davon ist, dass eine Gewerkschaft nur dann in ein Unternehmen kommen darf, wenn die Mehrheit der Belegschaft zustimmt.

Seit den Anfängen des Kalten Krieges zieht sich ein Gürtel von Bundesstaaten mit Right-to-Work-Gesetzen quer durch den Süden der USA. Gegenwärtig arbeiten Republikaner daran, diese gewerkschaftsfeindliche Politik weiter in den Norden auszudehnen. Ihr jüngster Erfolg ist der Bundesstaat Indiana, in dem 2012 ein Right-to-Work-Gesetz in Kraft trat.

Fast 20 ausländische Autounternehmen, die sich seit den 1970er Jahren mit Fabriken in den USA niedergelassen haben, sind dem Ruf in Right-to-Work-Staaten des Südens gefolgt. So ging BMW nach South Carolina und Mercedes-Benz nach Alabama. Sie zahlen niedrigere Löhne als im ehemals hoch industrialisierten und stellenweise immer noch gewerkschaftlich organisierten Norden der USA.

Die Autogewerkschaft UAW hat mehrfach vergebliche Versuche gestartet, die Beschäftigten ausländischer Autofabriken zu organisieren. Die letzte Niederlage war im Jahr 2001 im Nissan-Werk in Smyrna, Tennessee. Bei sämtlichen früheren Anläufen der UAW haben sich die Autokonzerne gegen die Gewerkschaft positioniert. Das ist dieses Mal anders. Bei VW Chattanooga nennt Werkchef Frank Fischer Betriebsräte „einen Schlüssel zu unserem Erfolg und zu unserer Produktivität“.

Das sehen die Südstaatler ander. Rob Corker, US-Senator aus Tennessee, fürchtet sich vor dem Szenario, falls die UAW in Chattanooga gewinnt: „Als Nächstes kommt BMW, dann Mercedes. Dann Nissan. Dieser Schwung wird dem ganzen Süden schaden.“ Die UAW ist jedoch nur noch ein Schatten ihrer selbst. In ihrer Hoch-Zeit am Ende der 1970er Jahre hatte sie 1,5 Millionen berufstätige Mitglieder. Heute sind es nicht einmal mehr 400.000.

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