Urteil zu Kohl-Tonbändern: Eine Stimme für den Altkanzler

Helmut Kohl siegt vor Gericht: Er soll weiterhin alleinigen Zugriff auf Hunderte Stunden aufgezeichneter Gespräche mit seinem Biografen haben.

Helmut Kohl bei der Vorstellung seiner Biografie auf der Frankfurter Buchmesse 2010. Bild: dpa

KÖLN afp | Im Rechtsstreit um Tonbänder mit seinen Lebenserinnerungen kann Altbundeskanzler Helmut Kohl (CDU) einen weiteren Erfolg verbuchen. Nach dem Landgericht Köln sprach am Freitag auch das Kölner Oberlandesgericht (OLG) dem Ex-Kanzler das Recht an 135 Tonbändern zu, auf denen Gespräche Kohls mit dem Publizisten Heribert Schwan aufgezeichnet sind. Der Altkanzler sei Eigentümer der Bänder, urteilte das Gericht. (Az 6 U 20/14)

Nach der OLG-Entscheidung bleiben die Bänder weiter im Besitz von Kohl - Schwan hatte nach seiner Niederlage vor dem Landgericht insgesamt sogar 200 Tonbänder einem Gerichtsvollzieher ausgehändigt. Zugleich ging der Kölner Publizist aber gegen das erstinstanzliche Urteil in Berufung, die der OLG-Senat nun zurückwies. Kohl sei „durch die Aufzeichnung seiner Stimme“ Eigentümer der Bänder geworden und habe damit einen Anspruch auf deren Herausgabe, sagte der Vorsitzende Richter Hubertus Nolte. Schwan kann gegen das Urteil Revision beim Bundesgerichtshof einlegen.

Auf den Bändern sind 630 Stunden Gespräche dokumentiert, die Kohl in den Jahren 2001 und 2002 in seinem Haus in Oggersheim mit Schwan als Ghostwriter einer Kohl-Biografie geführt hatte. Nach seinem schweren Treppensturz 2008 musste Kohl die Arbeit mit Schwan an der Biografie unterbrechen. Im März 2009 kündigte der Altkanzler schließlich die Zusammenarbeit mit dem Journalisten auf. Seine spätere Forderung nach Herausgabe der Tonbänder begründete Kohl damit, dass nur er über seine Lebenserinnerungen zu bestimmen habe.

Auch der Zivilsenat des OLG befand, beim Verfassen der Memoiren habe Kohl "das alleinige Bestimmungsrecht" gehabt. Schwan sei lediglich als Ghostwriter tätig geworden und "hatte als solcher völlig im Hintergrund zu bleiben", sagte der Vorsitzende Richter. Kohl sei berechtigt gewesen, jederzeit und ohne Angabe von Gründen die Zusammenarbeit mit Schwan zu beenden. Auch seien die Tonbandmitschnitte der Äußerungen Kohls „in keiner Weise vergleichbar mit einem Interview, das ein Journalist im Tagesgeschäft führt“, fügte Nolte hinzu.

Keine Bereitschaft zum Vergleich

Die Aufnahmen bezeichnete der Richter als „historische Dokumente“. Nolte hatte während der mündlichen Verhandlung in dem Rechtsstreit am 18. Juli erfolglos vorgeschlagen, die Tonbänder einer öffentlichen Einrichtung oder Stiftung zur Verfügung zu stellen. „Die Bänder sollten nicht in irgendeinem Privatkeller liegen“, sagte Nolte damals, „weder in Oggersheim“ noch bei Schwan.

Kohls Prozessbevollmächtigter lehnte einen solchen Teilvergleich aber seinerzeit mit dem Hinweis ab, die Kohl-Seite habe in der ersten Instanz selbst einen solchen Vorschlag unterbreitet. Im Berufungsverfahren bestehe nun keine Bereitschaft mehr zu einem Vergleich.

Schwan hatte von 1999 bis 2009 mit Kohl an dessen Memoiren gearbeitet. Bisher sind drei Bände erschienen, sie umfassen die Jahre 1930 bis 1994. Die letzten vier Jahre Kohls im Kanzleramt bis zu seiner Abwahl 1998 fehlen noch in der biografischen Buchreihe – damit fehlt in einem möglichen vierten Band auch die Darstellung unter anderem der CDU-Spendenaffäre. Der damalige CDU-Vorsitzende Kohl hatte von 1993 bis 1998 anonyme Spenden für die Partei entgegengenommen. Das Geld wurde nicht ordnungsgemäß im Rechenschaftsbericht ausgewiesen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.