Urteil im Achenbach-Prozess: Der falsche Kunstfreund

Das Landgericht Essen hat Helge Achenbach zu sechs Jahren Haft verurteilt. Auch das Eigentum von Superreichen wird vom Strafgesetzbuch geschützt.

Kunstberater Helge Achenbach verlässt am 16.03.2015 nach Prozessende im Landgericht in Essen (Nordrhein-Westfalen) den Saal. Bild: dpa

In gewisser Weise kehrt Kunsthändler Helge Achenbach am Ende seiner Laufbahn zu seinen Berufsanfängen zurück. Als Student machte er ein einjähriges Praktikum in der Justizvollzugsanstalt Siegburg. Während seiner steilen Karriere in der Kunstbranche hat er sich sicher nicht träumen lassen, einst selbst im Knast zu sitzen. Am Montag hat das Landgericht Essen den 62-Jährigen wegen Betrugs zu einer Haftstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Vor Gericht erschien der Erfinder des Berufs „Kunstberater“ deutlich älter, als er ist. Eigentlich war er ein wenn auch exklusiver Einkäufer. Die erfundene Berufsbezeichnung diente zur Imagepflege als Kunstexperte, dem es eben nicht ums Geld geht. Damit wurde Achenbach zu einem der ganz Großen im internationalen Kunstbusiness, der bei Reichen wie Kreativen ein und aus ging – bis er im Juni 2014 verhaftet wurde. Die Erben des 2012 verstorbenen Berthold Albrecht aus der Discounterdynastie Aldi hatten ihn angezeigt.

Das Geschäftsmodell des ehemaligen Düsseldorfer Asta-Vorsitzenden: die Freundschaft reicher Leute suchen, sie für Kunst begeistern und für sie auf der ganzen Welt das Beste und Teuerste einkaufen. Gerhard Richter, Roy Lichtenstein, Pablo Picasso – für Milliardäre wie die Albrechts konnte es nicht erlesen genug sein. Sie hielten ihn für einen Freund, er aber zockte sie ab.

Die vereinbarte Provision reichte Achenbach nicht. Er schob seinen Kunden fingierte Rechnungen unter, die er vor Gericht als „Collagen“ bezeichnete. Zum Verhängnis wurde dem siebenfachen Vater, dass er die Albrechts sträflich vernachlässigte, nachdem die keine Kunst mehr kaufen wollten. Bertholds Witwe Babette war die Kränkung darüber noch bei der Aussage im Gericht deutlich anzumerken. Allein ihren Mann hat der siebenfache Vater um 19,3 Millionen Euro betrogen.

Achenbach ist das Symptom eines aus dem Ruder gelaufenen Kunstbetriebs, dessen undurchsichtige Strukturen es Gaunern wie ihm leicht machen. Preise können auf diesem Markt offenbar willkürlich nach oben getrieben werden, kein Beschaffungsweg ist tabu. Mit den Albrechts ging Achenbach auch in große Museen – auf Einkaufstour.

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