Unionsstreit um Adoptionsrecht: CDU sagt Vati-Mutti-Kind-Dogma ade

Laut Medienberichten will die CDU-Spitze ein gemeinsames Adoptionsrecht für Homopaare. Kanzlerin Merkel setzt sich für eine zeitnahe Entscheidung ein.

Wird jetzt doch alles super für Homomänner und -frauen? Bild: dpa

BERLIN afp/dpa | Die CDU-Spitze plant einem Bericht zufolge eine vollständige Freigabe von Adoptionen durch Paare in eingetragenen Partnerschaften. Wie die Bild in ihrer Mittwochsausgabe unter Berufung auf eigene Informationen berichtet, soll nach dem Willen von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe noch vor der Sommerpause ein Gesetzesvorstoß zur Gleichstellung von homosexuellen Paaren bei der Adoption auf den Weg gebracht werden. Auch Kanzlerin Angela Merkel und Unionsfraktionschef Volker Kauder (beide CDU) seien eingeweiht, hieß es demnach in Unionskreisen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche die Rechte homosexueller Paare zur Adoption von Kindern zwar ausgeweitet. Demzufolge dürfen Schwule und Lesben, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, auch ein von ihrem Partner zuvor angenommenes Kind adoptieren. Ein Recht zur gemeinsamen Adoption eines Kindes durch Paare in eingetragenen homosexuellen Partnerschaften gibt es bislang aber nicht.

Thüringens Ministerpräsident Christine Lieberknecht (CDU) sprach sich für eine Anpassung des Steuerrechts aus. Die Urteile des Verfassungsgerichts gingen eindeutig „in die Richtung einer Gleichstellung von Ehe und gleichgeschlechtlicher Partnerschaft“, sagte sie der Thüringer Allgemeinen vom Mittwoch.

Die Gesellschaft verändere sich an dieser Stelle. Sie wandte sich aber gegen eine Freigabe des vollen Adoptionsrechts. „Es geht um das Kindeswohl, und ein Kind braucht von seiner Veranlagung her einen Vater und eine Mutter“, sagte Lieberknecht der Zeitung.

Merkel will zeitnahe Lösung

Kanzlerin Angela Merkel strebt eine zeitnahe, aber nicht übereilte Entscheidung zur Gleichstellung an. „Geben wir uns etwa zehn Tage Zeit, um alles in Ruhe zu beraten“, sagte die CDU-Vorsitzende nach Angaben von Teilnehmern in der Unionsfraktion am Dienstag in Berlin.

Dem Vernehmen nach sollen möglichst in der nächsten Sitzungswoche des Parlaments vom 11. März an die Weichen dafür gestellt werden, ob es eine große Lösung in dieser Frage gibt. Die Alternative ist, zunächst das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Adoptionsrecht umzusetzen.

Vertreter des konservativen CDU-Flügels und der CSU sperren sich strikt dagegen, das steuerliche Ehegattensplitting zu ändern oder auf Lebenspartnerschaften auszuweiten. Dies wurde nach Angaben von Teilnehmern auch in der etwa zweistündigen, zum Teil kontroversen Debatte über das Thema in der CDU/CSU-Fraktion deutlich. Außer Merkel und Unions-Fraktionschef Volker Kauder meldeten sich 19 Abgeordnete zu Wort.

Merkel zeigte demnach Verständnis für die Bedenken, Homo-Partnerschaften der Ehe und der Familie gleichzustellen. Viele Abgeordnete seien mit der klassischen Rollenverteilung von Frau und Mann aufgewachsen. Auf der anderen Seite sei aber auch klar, wie die Gerichte urteilen würden. Abgeordnete berichteten nach Angaben von Sitzungsteilnehmern, es gebe an der Parteibasis angesichts der Debatte heftige Kritik bis hin zu Parteiaustritten.

Befürworter einer Gleichstellung argumentierten nach anderen Angaben aus der Sitzung, es müsse darum gehen, die Verantwortungsgemeinschaft zu würdigen, die in Partnerschaften von Homosexuellen gelebt werde. Daraufhin habe es Applaus unter anderem von Merkel und Familienministerin Kristina Schröder gegeben.

Schäuble appelliert an ältere Generation

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble habe die ältere Generation der Abgeordneten sinngemäß aufgefordert abzuwägen, ob sich Dinge wirklich verändert hätten oder ob man sie nur gut finde, weil sie schon immer so gewesen seien.

Die FDP-Familienpolitikerin Miriam Gruß sagte unterdessen der Zeitung Die Welt vom Mittwoch, CDU und CSU müssten „endlich die Lebensrealitäten in Deutschland anerkennen“ und drängte den Koalitionspartner auch zur steuerlichen Gleichstellung der Homo-Ehe mit der traditionellen Ehe. „Eingetragene Lebenspartner übernehmen die gleiche Verantwortung füreinander wie Eheleute“, sagte sie. Daher müssten sie „endlich auch die gleichen Rechte bekommen und beispielsweise im Steuerrecht gleichgestellt werden“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.