Ungarns Grenzzaun gegen Flüchtlinge: Nur Rotwild bleibt hängen

Ungarn baut einen Zaun an der Grenze zu Serbien. Seitdem dies angekündigt wurde, reisen dreimal so viele Flüchtlinge ein wie zuvor.

Grenzzaun zwischen Ungarn und Serbien

Der Zaun wird auch „ungarische Mauer“ genannt. Foto: dpa

WIEN taz | Schuld ist die EU. Zumindest ist das die Erklärung des ungarischen Staatssekretärs Gergely Gulyás für die Zunahme des Flüchtlingsstroms durch Ungarn. Seit die „EU strengere Regeln für die Inhaftierungen anlegt“ könne man Flüchtlinge – einschließlich Kinder – nicht mehr pauschal in Haft nehmen, wie bis 2013. Deswegen also jetzt der Grenzzaun, der die 177 Kilometer lange Grenze zu Serbien dichtmachen soll. 2.700 private Grundstückseigentümer mussten teilenteignet werden und warten auf Entschädigung.

Von der „Ungarischen Mauer“, wie der Schutzwall in manchen Medien getauft wurde, erhofft man sich in Budapest die Eindämmung des Flüchtlings- und Migrationsstroms über die „Westbalkan-Route“. Bisher wurde das Gegenteil erreicht: Die Anzahl der Schutzsuchenden hat sich seit der Ankündigung des Zaunbaus von 600 auf rund 1.800 Menschen täglich verdreifacht.

Mehrere hundert Meter stehen bereits. Allerdings bisher nur in Gestalt von drei Rollen Nato-Draht übereinander. Abgehalten wurde vom nicht einmal mannshohen Verhau bisher nur das Rotwild. Zahlreiche Tiere, die gegen die messerscharfen Stachel rannten, sind dort hilflos verblutetet.

Trotzdem tun die Grenzbeamten inzwischen Dienst, als wäre der Zaun schon fertig. Wärmebildkameras verraten ihnen, wo wieder eine Gruppe die Grenze überschritten hat. Die Eindringlinge werden gestellt und in Lager gebracht, wo sie registriert werden sollen. Viele wollen darauf aber nicht warten. Bei der ersten Gelegenheit setzen sie sich nach Österreich ab, um dann nach Deutschland oder in andere Staaten weiterzureisen. In Zukunft sollen jene Flüchtlinge, die das Hindernis überwinden, hinter Stacheldraht interniert werden.

Regierungssprecher Zoltán Kovács kündigte die Fertigstellung des Zauns bis Ende August an. Der bisherige Baufortschritt lässt das als Wunschdenken erscheinen, obwohl Sozialhilfeempfänger und Billigstarbeiter der kommunalen Beschäftigungsprogramme für den Bau rekrutiert wurden. Die ursprünglich veranschlagten Kosten von knapp 21 Millionen Euro wurden inzwischen um 50 Prozent höher angesetzt. Nach „genaueren Schätzungen“, wie Kovács erklärte. Andere gehen eher von 80 Millionen aus.

Die Strecke über Mazedonien und Serbien/Ungarn ist derzeit der schnellste Weg in die EU. Ungarn hat allerdings auch lange Grenzen zu Rumänien und Kroatien. Und niemand zweifelt daran, dass die Schlepper neue Routen finden werden, bevor die Regierung in Budapest darauf eine angemessene Antwort gefunden hat.

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