Umweltfreundliches Computerzubehör: Deutschlands fairste Maus

Computerhersteller kümmern sich bislang kaum um Sozial- und Ökostandards. Eine Frau aus Bayern will das ändern – und stößt auf Widerstände.

Grüne Maus – gutes Gewissen. Bild: NagerIT e.V.

BERLIN taz | Wissen Sie, welche Farbe Ihre Maus hat? Fast jeder hat ein solches Gerät auf seinem Schreibtisch, kaum einer schaut genau hin. Nicht so Susanne Jordan. Die 35-Jährige aus Bichl südlich von München hat drei Jahre ausführlich über Computermäuse nachgedacht. Es hat sie empört, dass es weder Handys noch PCs noch iPads zu kaufen gibt, die nachhaltig hergestellt wurden. Und sie hat nicht nur gedacht, sondern auch gemacht. Nun gibt es ihre fairen Mäuse zu kaufen, für 26,90 Euro das Stück.

Eine Computermaus besteht aus rund 20 Bauteilen wie dem Gehäuse, dem Chip, Schaltern, Kondensatoren und Kabeln. Es sei schwierig, die gesamte Lieferkette zu überblicken, sagt die Geografin, die nebenbei in der Kinderbetreuung und in einem Café arbeitet, um die Entwicklung ihrer Maus zu finanzieren. Die Firma, die die Leiterplatten bestückt, benötigt vorgefertigte Bauteile von Zulieferern, die ihrerseits vorverarbeitete Produkte verwenden. Bei einigen Teilen ist es Jordan geglückt, die Kette fair zu gestalten, bei anderen nicht. „Die Maus ist jetzt zu etwa zwei Dritteln fair“, sagt sie. „Aber ich arbeite weiter daran.“

Fair sind bislang die Leiterplatte, Widerstände, Kondensatoren und Schalter sowie das Zellulosegehäuse, das die Landshuter Werkstätten herstellen. Die Leiterplatten werden von der retex – Regensburger Initiative zur Schaffung von Arbeitsplätzen für psychisch kranke und behinderte Menschen – bestückt, die die Mäuse auch montiert.

Probleme machen Jordan die Rohstoffe, die in den Bauteilen verbaut sind: Zwar könne man bei einem Recyclingunternehmen in Belgien alle nötigen Metalle kaufen, aber die Komponenten seien ein Problem: „Es gibt recyceltes Kupfer, aber keine USB-Kabel aus recyceltem Kupfer.“

Skandale statt Umweltstandards

Offenbar fehlt die Nachfrage. In den Niederlanden bemüht sich die gemeinnützige Waag Society um ein faires Smartphone, doch ansonsten steht Jordan ziemlich allein da. In der Elektronikbranche sind Arbeitsbedingungen und Umweltstandards trotz zahlreicher Skandale vom Bergbau in Südafrika bis zu den Fabriken von Foxconn bislang kaum ein Thema. Beim Branchenverband Bitkom heißt es, genauere Daten von Herstellern von Computermäusen und ihren Lieferbeziehungen seien ebenso wenig bekannt wie Projekte, die der fairen Maus ähnelten.

Es gebe ja zahlreiche Vorschriften über Schadstoffe und Recycelbarkeit von Elektronikgeräten, sagt Roland Stehle, Sprecher der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik. Hersteller müssten selbst wissen, ob sie Lieferbeziehungen zu Unternehmen pflegen, in denen Kinder arbeiteten oder hohe Selbstmordraten unter Arbeitern herrschten. Darauf hätten Dritte keinen Einfluss.

Die berühmten Dritten, das sind die Konsumenten. Rund 29 Milliarden Euro Umsatz erwartet die Branche in diesem Jahr in Deutschland insgesamt, 2013 will sie um 1 bis 2 Prozent wachsen. „Solange die Kunden keine faire Ware nachfragen, sehen sich die Anbieter nicht in der Pflicht“, sagt Johanna Kusch von der Entwicklungsorganisation German Watch. Deshalb sei der Gesetzgeber gefragt.

Auf den will Jordan nicht warten. Sie bietet erst einmal 3.000 Mäuse übers Internet an – in der Hoffnung, andere zu inspirieren. Faire Elektronik herzustellen, hat sie gelernt, ist schwierig. Aber es geht.

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