Umstrittenes Abkommen Südkorea-Japan: „Trostfrauen“ lehnen Trostpflaster ab

Ein Abkommen sollte den koreanischen Zwangsprostituierten ihre Würde wiedergeben. Doch viele betroffene Frauen lehnen den Deal ab.

Menschen sitzen auf dem Boden mit Kerzen in der Hand und Schildern, auf denen alte Frauen zu sehen sind

Aktivistinnen demonstrieren gegen das Abkommen zwischen Japan und Südkorea. Foto: ap

BERLIN taz | In Südkoreas Hauptstadt Seoul haben am Mittwoch frühere Zwangsprostituierte der japanischen Armee vor Tokios Botschaft demonstriert. Laut der Nachrichtenagentur AFP protestierten 250 Personen gegen die am Montag von den Außenministern beider Staaten erreichte Übereinkunft zur Regelung der Frage der ehemaligen sogenannten „Trostfrauen“. Als „demütigend“ bezeichneten sie das Abkommen.

„Der Kampf geht noch weiter“, sagte die 88-jährige Lee Yong-Soo. Seit 1992 demonstrieren die Frauen jeden Mittwoch vor Tokios Vertretung. Lee ist eine der letzten 46 bekannten Überlebenden von 200.000 Frauen, die im Zweiten Weltkrieg in Japans Militärbordellen sexuell versklavt worden waren. Die meisten kamen aus Korea.

Nach langem Streit hatten sich die beiden Außenminister am Montag in Seoul geeinigt, dass Japan sich offiziell entschuldigt, eine Milliarde Yen (7,6 Millionen Euro) in einen von Südkorea für die Frauen zu schaffenden Fonds zahlt. Der Streit sei damit „endgültig und unwiderruflich“ beendet.

Doch den Betroffenen stößt auf, dass die Regierung sich mit Japan einigte, ohne je die Frauen einbezogen zu haben. Sie kritisieren, dass Japan nicht offiziell Entschädigung zahlt, sondern nur eine humanitäre Hilfe. „Wir werden weiter dafür kämpfen, dass Japan auch juristisch seine Verantwortung übernimmt“, so Lee.

Streit um Mahnmal in Seoul

Viele in Südkorea sind empört, dass die Regierung Japan versprach, sich für die Entfernung einer Bronzestatue zum Gedenken an die Zwangsprostituierten einzusetzen. Die Statue eines Mädchens hatten Aktivistinnen 2011 vor Japans Botschaft aufgestellt. Seitdem protestiert Tokio gegen diese „Provokation“. In einer Umfrage sprachen sich jetzt 66 Prozent der Befragten für den Verbleib aus. Der Koreanische Rat für die Sexsklavinnen des japanischen Militärs, die wichtigste Unterstützergruppe ehemaliger Zwangsprostituierter, kündigte am Mittwoch an, im In- und Ausland weitere Statuen aufzustellen.

In Japan wurde das Abkommen positiver aufgenommen. Nur Rechtsextreme protestierten gegen den „Verrat“ von Ministerpräsident Shinzo Abe, der als rechter Nationalist bekannt ist. Einige forderten ihn auf, sich selbst zu töten. Um rechte Kreise zu besänftigen, hatte Abes Frau am Montag Tokios Yasukuni-Schrein besucht, einen Wallfahrtsort der Nationalisten, in dem auch verurteilter Kriegsverbrecher gedacht wird. In Korea und China gilt das als Provokation.

Auch Taiwan fordert jetzt eine Entschädigung der vier dort noch lebenden früheren Zwangsprostituierten. China nahm noch nicht Stellung. Viele werten die auf Druck der USA entstandene Übereinkunft der beiden US-Verbündeten Südkorea und Japan als gegen China gerichtet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.