Ukraine will AKW weiterbauen: Sowjet-Reaktoren wiederbeleben

In der Ukraine soll an einem AKW aus den 1980ern weitergebaut werden. UmweltschützerInnen warnen, der Rohbau von damals sei längst veraltet.

Ein Mann sitzt im Schaltraum eines AKW

Im Schaltraum eines anderen AKW von „Energoatom“ in der Region Khmelnytskyi Foto: imago stock&people

KIEW taz | In Neteschin bei Chmelnizkij in der Ukraine soll an zwei Atomreaktoren aus den 1980er Jahren weiter gebaut werden. Der Rohbau wurde damals nicht fertig gestellt. Am Montag informierte der ukrainische Atomkonzern Energoatom die Bevölkerung über den Stand der Planungen.

Zwei Reaktoren produzieren bereits Strom im AKW Chemlnizkij. Im vergangenen Juli hatte die ukrainische Regierung den Weiterbau der Atomreaktoren 3 und 4 beschlossen. Sie sollen ab 2025 und 2026 ihren Betrieb aufnehmen, geplant ist eine Laufzeit von 50 Jahren. Finanziert werden soll der Bau mit dem Stromexport von Reaktor 2 von Chmelnizkij in die EU, bislang produzierte er für den ukrainischen Binnenmarkt.

Ukrainische UmweltschützerInnen und JournalistInnen kritisieren das Projekt. Sie halten den Rohbau, der bereits zu Sowjetzeiten entstand, inzwischen für veraltet. Es sei fraglich, ob ein bereits vor so langer Zeit aufgenommener Bau auch in 40 bis 60 Jahren noch sicher sei, gibt die Umweltschützerin Iryna Golovko von Bankwatch Netzwork in der Zeitung Zerkalo Nedeli zu Bedenken.

Billiger als komplett neue Reaktoren

Im März 1986 hatte man mit dem Bau des Reaktor 3, im Februar 1987 mit dem Bau von Reaktor 4 begonnen. Bis heute steht nur der Rohbau. Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, der Zusammenbruch der Sowjetunion, finanzielle Schwierigkeiten und die zunehmenden Konflikte mit dem russischen ProjektpartnerInnen verhinderten eine Fertigstellung. Laut der Umweltschützerin Golovko sind die beiden Blöcke zu 75 und 28 Prozent gebaut.

Seit einiger Zeit rangeln Investoren aus verschiedenen Ländern um den Auftrag zum Weiterbau. Weil die ukrainische Regierung den preisgünstigen Reaktortypen WWER 1000 für den Weiterbau bevorzugt, kämen nur die russische Firma Atomstrojexport und die tschechische Firma Skoda JS infrage. Mit Ersterer möchte die Regierung aus politischen Gründen nicht zusammenarbeiten. Doch auch Skoda JS gehört zum Großteil Gazprombank.

Ukrainische Umweltschützer halten den Rohbau aus der Sowjetzeit für veraltet

Der Bau soll dem Atomkonzern Energoatom zufolge 2,3 Milliarden Euro kosten. Damit liegt der Preis um ein Mehrfaches unter dem Preis komplett neu gebauter Reaktoren. Zum Vergleich: die Kosten für die beiden derzeit in Weißrußland gebauten russischen Atomreaktoren vom Typ WWER-1200, einer Weiterentwicklung des WWER-1000, dürften sich auf mindestens 10 Milliarden Euro belaufen.

Die letzte Entscheidung über den Weiterbau der Reaktoren wird das ukrainische Parlament fällen. Wann die Abstimmung stattfindet, steht noch nicht fest. Dass dieser Weiterbau vom Parlament genehmigt wird, ist jedoch wahrscheinlich.

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