Überwachung von Rechtsextremen: Combat 18 ist wieder aktiv

Sie prahlen mit Gewalt und galten als abgetaucht. Jetzt ist die Neonazigruppe „Combat 18“ wieder da. Hat der Verfassungsschutz sie im Blick?

EIne Flagge mit Totenkopf liegt zwischen zwei Schusswaffen

Waffenaffin und gewaltbereit: Fundstücke einer Razzia bei Combat 18 in Norddeutschland 2003 Foto: dpa

BERLIN taz | Mit Spezialkräften der GSG 9 stoppte die Bundespolizei im September die Autos, als diese die Grenze von Tschechien ins bayerische Schirnding passierten. Das Dutzend Neonazis kam von einem Schießtraining, in ihren Autos fanden die Polizisten noch Munition. Und die Männer waren den Beamten bekannt: Es waren Angehörige des rechtsextremen Combat 18, aus mehreren Bundesländern angereist.

Lange war es still geworden um die Neonazi-Gruppe. 1992 in Großbritannien gegründet, fiel Combat 18 Anfang der 2000er Jahre auch in Deutschland als militanter Ableger des „Blood & Honour“-Netzwerks auf, dessen Mitglieder auch dem untergetauchten NSU-Trio halfen. Die Gruppe hantierte mit Waffen und bedrohte politische Gegner. Die „18“ in ihrem Namen steht für den ersten und achten Buchstaben des Alphabets: AH – für Adolf Hitler. Dann aber tauchte die Gruppierung ab.

Nun aber ist Combat 18 wieder aktiv. Bereits seit 2013 soll es erneut einen deutschen Ableger geben. Von „klandestinen“ Treffen spricht Burkhard Freier, Verfassungsschutzchef in Nordrhein-Westfalen. Der Bundesverfassungsschutz warnt nun vor einem „Ausbau von C18-Strukturen“ in den vergangenen Jahren. Aktuell gebe es „ein Netzwerk von wenigen regionalen Kleingruppen und Einzelpersonen“. Den Mitgliedern sei eine „gewisse Waffenaffinität und grundsätzliche individuelle Gewaltbereitschaft zu unterstellen“. Einzelpersonen könnten „mit schweren rechtsextremistischen Gewalttaten in Erscheinung treten“. Dieses „prinzipielle Gefährdungspotenzial“ beobachte man „mit besonderer Aufmerksamkeit“.

Das Waffentraining in Tschechien sollte den Verfassungsschützern ein Alarmsignal sein. Erst kürzlich antwortete das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der Linksfraktion, dass seit 2016 immerhin 14 Schießübungen deutscher Neonazis hierzulande oder im Ausland bekannt wurden. Die Linken-Innenexpertin Martina Renner forderte am Donnerstag, dass „gründlich überprüft“ werden müsse, ob darunter Combat-18-Aktivisten waren.

Auftritt auf zwei Szeneaufmärschen

Der Verbund jedenfalls scheint international gut vernetzt. Schon 2016 zeigten sich Mitglieder aus Nordrhein-­Westfalen offen mit Neonazis aus Großbritannien und den Niederlanden, die dort Combat 18 zugerechnet werden: auf zwei Szeneaufmärschen im Juni und Oktober in Dortmund. Mit dabei war Marko G. Der 45-Jährige ist schon seit seiner Jugend in der Szene aktiv, etwa als Sänger der Rechtsrockband „Oidoxie“. Und Marko G. galt schon vor Jahren, in der ersten Combat-18-Phase, als Repräsentant der Grup­pierung in Deutschland. Inzwischen trifft sich in NRW wieder ein Ableger. Von „regelmäßigen“ Zusammenkünften auch 2017 ist im Düsseldorfer Innenministerium die Rede. Die Gruppe verfüge gar über ein privates Vereinsheim.

Auch in Hessen, Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen gibt es laut Bundesinnenministerium Combat-18-Mitglieder. Zudem zeigte die Truppe zuletzt in Thüringen Präsenz. Als sich dort im Sommer rund 6.000 Neonazis zum größten Rechtsrockkonzert seit Jahrzehnten versammelten, war laut Landesinnenministerium auch Combat 18 dabei. Regelmäßig seien in Thüringen „Sympathiebekundungen“ für die Gruppe festzustellen, sagt Landesverfassungsschutzchef Stephan Kramer. Auch einzelne Mitglieder wohnten hier. Das Landesamt prüft bei ihnen und anderen Neonazis, die sich wieder auf das 2000 verbotene „Blood & Honour“ berufen, inzwischen ein rechtsterroristisches Potenzial. Von einer „intensiven Beobachtung“ spricht Kramer.

Martina Renner, Linkspartei

„Combat 18 wird vom Verfassungsschutz verharmlost“

An anderer Stelle scheint man die Gefahr nicht so deutlich zu sehen. Nordrhein-Westfalens Verfassungsschutzchef Freier attestierte den Combat-18-Leuten in seinem Land, diese seien eher „Maulhelden“. Auch für das Bundesamt diente der Bezug auf Combat 18 in der Szene zuletzt „in der Regel eher der eigenen Aufwertung und sollte nach außen den Eindruck von Gefährlichkeit vermitteln“. Aktuelle Hinweise auf eine Bewaffnung der Gruppe lägen jedenfalls nicht vor, heißt es dort.

In der Linkspartei stößt diese Bewertung auf scharfe Kritik. „Es ist höchst besorgniserregend, wie sehr die Bedeutung von Combat 18 als internationales rechtsterroristisches Netzwerk durch das Bundesamt für Verfassungsschutz negiert und verharmlost wird“, sagt Innenexpertin Martina Renner. Vor allem angesichts der bundesweiten Angriffe auf Flüchtlinge durch Neonazis grenze diese Analyse „letztendlich an bewusste Täuschung über die reale Gefahr rechtsterroristischer Netzwerke“.

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