Überfall auf das Kadewe: Kurze Pause im Weihnachtsshopping

Am Sonnabend haben Maskierte die Juwelierabteilung im Kadewe überfallen. Einen Tag später brummt der Laden schon wieder.

Schon eine Viertelstunde vor Öffnung bilden sich am Sonntag vor den Eingängen des Kadewe am Wittenbergplatz große Trauben von Wartenden. Weihnachten naht, Shoppen muss sein. Auch an den Türen in der Ansbacher Straße stehen die Menschen. Genau hier haben einen Tag zuvor Maskierte die Juwelierabteilung überfallen. Bedenken habe sie deshalb keine, sagt eine Frau aus Mitte, die mit ihrem Sohn einkaufen gehen will. „So was passiert ja nicht zwei Mal hintereinander.“

Am Samstagvormittag sind nach Angaben der Polizei vier oder mehr maskierte Täter mit mindestens einer Schusswaffe in das Kaufhaus gestürmt. Sie besprühten einen Wachmann mit Reizgas, zerschlugen in der Juwelierabteilung im Erdgeschoss mehrere Vitrinen und entwendeten offenbar Schmuck und Uhren. Mit der Beute verließen sie das Geschäft und flüchteten nach Aussagen von Zeugen in einem dunklen Audi. Von den Räubern fehlt jede Spur. Wie hoch der Wert der gestohlenen Gegenstände insgesamt ist, wurde am Sonntag noch nicht bekannt.

Mehrere Angestellte und Kunden mussten wegen des Reizgases behandelt werden. Das Gas soll sich auch über die Belüftungsanlage im Haus verteilt haben: Selbst Besucher der oberen Stockwerke klagten über Hustenreiz. Die Polizei sperrte das Gebäude ab. Erst Samstagmittag konnte das Kadewe wieder öffnen.

Sie sei am Samstag schon mal hier gewesen, direkt nach dem Überfall, erzählt die Frau aus Mitte. Die Polizei habe alles abgeriegelt, Kadewe-Mitarbeiter standen weinend vor der Tür. „Ich dachte zuerst, da war ein Selbstmord oder ein Amoklauf.“ Weil ihre Schwester sich eine bestimmte Oliven-Kosmetik wünscht, die es nur hier gibt, ist sie Sonntag wiedergekommen.

Der Überfall scheint das Geschäft am verkaufsoffenen Sonntag nicht zu beeinträchtigen: Die Kunden strömen in Scharen durch die Gänge. Die Sicherheitsleute wirken leicht nervös. Sagen will keiner etwas: Die Geschäftsführung hat alle angewiesen, nicht über den Raub zu sprechen. Eine Angestellte erzählt dann doch, es gehe ihr nur mittelmäßig. Sie legt die Hand auf die Lunge. „Wir merken noch das Reizgas.“

Vom Berliner Einzelhandel heißt es, man blicke mit Sorge auf die Zunahme von spektakulären Raubüberfällen in den vergangenen Monaten. Nils Busch-Petersen, Geschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, sagt, es gebe offensichtlich eine weiter absinkende Hemmschwelle bei derartigen Delikten.

Beim bisher bekanntesten Kadewe-Coup im Januar 2009 waren die Täter außerhalb der Öffnungszeiten eingebrochen. Sie stahlen nachts Uhren und Schmuck im Millionenwert. Festgenommene tatverdächtige Zwillinge wurden danach wieder freigelassen, weil eine DNA-Spur keinem der Männer eindeutig zugeordnet werden konnte. Zuletzt waren Unbekannte Anfang August an einem Sonntag in das Kaufhaus eingedrungen und hatten teure Uhren gestohlen.

Der Überfall ist am Sonntag dann doch noch ein bisschen Thema im Kadewe. In der Feinschmeckerabteilung bohrt ein Kunde einer anderen den Finger in den Rücken und knurrt: „Geld her, oder ich schieße!“ Die Frau erschrickt, fährt herum – und lacht. Der vermeintliche Räuber ist ein Bekannter. Dann wird weiter eingekauft. In 75 Stunden ist Heiligabend.

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