USA und Russland einig: Syrien-Konferenz geplant

Die beiden Mächte nähern sich einer gemeinsamen Position zum Syrien-Krieg an. Sie wollen alle Konfliktbeteiligten an einen Tisch bringen. Derweil ist Syrien komplett offline.

Händchen halten für den Frieden in Syrien: US-Außenminister John Kerry (l.) und sein russischer Kollege Sergej Lawrow Bild: ap

MOSKAU/KAIRO dpa/afp/ap | Russland und die USA wollen zur Beendigung des blutigen Bürgerkriegs in Syrien stärker an einem Strang ziehen. Man habe sich auf die Einberufung einer internationalen Konferenz verständigt, möglichst noch in diesem Monat, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag nach einem Treffen mit seinem US-Kollegen John Kerry in Moskau. Der Syrien-Sondergesandte der UNO und der Arabischen Liga, Lakhdar Brahimi, begrüßte die Pläne der beiden Veto-Mächte ausdrücklich.

Zu der Konferenz sollten alle an dem Konflikt beteiligten Gruppen aus Syrien kommen. Russland und die USA hätten sich ferner darauf verständigt, die syrische Regierung und alle Oppositionsgruppen zu ermutigen, eine politische Lösung zu finden, sagte Lawrow der Nachrichtenagentur Itar-Tass zufolge weiter.

Bisher vertraten Moskau und Washington im Syrien-Konflikt unterschiedliche Positionen. Während die russische Regierung im Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad einen Verbündeten sieht, verlangen die USA dessen Sturz. Als UN-Vetomacht hat Russland auch Sanktionen gegen Damaskus im Weltsicherheitsrat blockiert. Ein Ziel des Moskau-Besuch Kerrys war es deshalb, Verhandlungsspielräume auszuloten.

Kerry: „Positionen liegen nah beieinander“

Vor dem Treffen mit Lawrow war der US-Chefdiplomat im Kreml bereits mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammengekommen. Die Positionen Washingtons und Moskaus lägen nah beieinander, sagte Kerry. „Sowohl wir als auch Sie sind an einer Stabilisierung der Region interessiert, daran, dass kein Extremismus aufkommt“, sagte Kerry Itar-Tass zufolge. Er hoffe, dass während des Dialogs Gemeinsamkeiten gefunden würden.

„Wir stimmten außerdem darin überein, dass es nötig ist, so schnell wie möglich eine internationale Konferenz einzuberufen, in Nachfolge der Genfer Konferenz, vielleicht noch Ende dieses Monats“, sagte Lawrow später nach der Unterredung mit Kerry.

Im Sommer vergangenen Jahres hatten sich die fünf UN-Vetomächte und mehrere Nahost-Staaten in Genf auf einen Fahrplan für einen politischen Übergangsprozess in Syrien verständigt. Dafür sollte in Damaskus eine Übergangsregierung aus Vertretern des bisherigen Regimes und der Opposition gebildet werden. „Dies sollte der Fahrplan sein, anhand dessen das syrische Volk einen Weg zum Frieden findet“, sagte Kerry in Moskau.

Lawrow räumte aber zugleich ein, dass es nicht einfach sein wird, die syrischen Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. Ein Großteil der Bevölkerung habe Angst, „dass die, die gegen das Regime kämpfen, die Oberhand gewinnen könnten und Syrien zu einem von Extremisten regierten Land werde“, sagte Lawrow.

Brahimi: „ein erster Schritt“

Die Absichten Russlands und der USA wurden vom Syrien-Sondergesandten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga, Lakhdar Brahimi, begrüßt. „Dies ist die erste hoffnunggebende Nachricht in dieser Angelegenheit seit sehr langer Zeit“, erklärte Brahimi am Mittwoch in Kairo. Der frühere algerische Außenminister sprach von einem „sehr bedeutsamen ersten Schritt“, der aber „dennoch nur ein erster Schritt“ sei.

Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) begrüßte die Einigung zwischen Washington und Moskau. Die geplante Konferenz könne die Grundlagen für eine politische Lösung des Syrien-Konflikts schaffen, so Westerwelle. „Entscheidend wird sein, dass sich die Konfliktparteien auf einen politischen Prozess einlassen.“ „Der gemeinsame Vorschlag von Amerikanern und Russen ist ein starkes Signal an alle für ein Ende der Gewalt“, ergänzte er.

Israel: „Keine Einmischung“

Nach den israelischen Luftangriffen vom Wochenende entspannte sich die Lage an der israelisch-syrischen Grenze etwas. Eine Sperrung des Luftraums für zivile Flugzeuge, die aus Furcht vor Vergeltungsschlägen verhängt worden war, wurde wieder aufgehoben.

„Wir mischen uns nicht in den Bürgerkrieg in Syrien ein, aber wir haben rote Linien gezogen“, sagte Israels Verteidigungsminister Mosche Jaalon nach Berichten des Nachrichtenportals ynet. Er beziehe sich dabei auf die Lieferung von Waffen an Terroristen und die Verletzung der israelischen Souveränität, sagte er. Eine offizielle Bestätigung, dass Israel hinter den jüngsten Luftangriffen steckt, bei denen nach Angaben syrischer Menschenrechtler mindestens 42 Soldaten getötet wurden, gibt es bislang nicht.

Auf den Golanhöhen wurden am Dienstag vier philippinische Blauhelmsoldaten der dort stationierten UN-Friedenstruppen (Undof) entführt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte ihre sofortige Freilassung. UN-Informationen zufolge wurden die Blauhelme von einer syrischen Rebellengruppe entführt.

Die syrische Opposition zeigt weiter ein Bild der Zerstrittenheit. Noch bevor der von ihr ernannte Ministerpräsident Ghassan Hito seine Übergangsregierung vorgestellt hat, wollen Oppositionsmitglieder ihn schon wieder loswerden. Als neuer Kandidat gilt laut einem Bericht der Zeitung Al-Sharq Al-Awsat Ahmed Tome. Der Dissident gehört der Reformbewegung „Erklärung von Damaskus“ an. Hito sollte eigentlich bei einem für das kommende Wochenende geplanten Treffen der Opposition in Istanbul seine Regierungsmannschaft vorstellen.

Kampfjet abgeschossen

Unterdessen sind syrische Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten in die strategisch wichtige Stadt Chirbet Gasaleh südlich von Damaskus eingedrungen. Vorangegangen seien wochenlange Gefechte mit Rebellen um die Kontrolle der Überlandstraße nach Jordanien, teilte das in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungszentrum für Menschenrechte am Mittwoch mit.

Aufständischen sei es jedoch gelungen, in der Nähe der türkischen Grenze ein Kampfflugzeug abzuschießen, erklärten das Beobachterzentrum und eine weitere Aktivistengruppe, das Aleppo Media Center. Der Jet habe in der Schlacht um die Luftwaffenbasis Mannagh Positionen der Rebellen bombardiert, hieß es.

Seit Dienstagabend haben die Menschen in Syrien keinen Zugang mehr zum Internet. Auch die Telefone funktionierten nicht, sagten Flüchtlinge und Revolutionsaktivisten, die seither Satellitenverbindungen nutzen. Die US-Internet-Firma Umbrella Security Labs teilte mit, dass der Datenverkehr zwischen Syrien und den Google-Servern seit Dienstagabend ausfällt. Die Netz-Präsenz der syrischen Staatsmedien war am Mittwochmorgen weiterhin unterbrochen.

Revolutionsaktivisten sagten, sie glaubten nicht an ein technisches Problem, sondern vermuteten eine absichtliche Störung der Kommunikation durch die Regierung von Präsident Baschar al-Assad. Sie werfen der Regierung seit längerem vor, vor wichtigen Gefechten die regionale Kommunikation zu stören, um den Rebellen die Vorbereitung zu erschweren. Erst Ende November war der Internet-Zugang landesweit fast drei Tage lang unterbrochen.

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