US-Basketball: Vom Paulus zum Saulus

Der in Orlando einst so verehrte Dwight Howard verliert mit dem Wechsel zu den LA Lakers die letzten Sympathien. Seine Kritiker stänkern fleißig.

„In Los Angeles kann ich endlich wieder ganz ich selbst sein“, sagt Howard (links) über seinen Transfer an die Westküste. Bild: dpa

Seine Zeit ist doch schon längst abgelaufen“, entfährt es Dwight Howard. „Ich verstehe gar nicht, wieso er sich immer wieder mit mir beschäftigt. Er sollte sich lieber mal um etwas anderes kümmern und ein eigenes Leben haben.“ Der für den sonst stets so breit grinsenden Howard ungewöhnlich harsche Ratschlag gilt NBA-Center-Ikone Shaquille O’Neal, der sich mittlerweile als TV-Experte verdingt.

Wenig scheint geblieben zu sein vom einst so unbekümmerten Star. Jüngst hatte „Shaq“ dem 26-Jährigen – nicht zum ersten Mal – die absolute Klasse abgesprochen, sah in einer Einschätzung eher Andrew Bynum als besten Center der Liga. Ausgerechnet jenen Bynum, dessen Position bei den Los Angeles Lakers nun Howard einnimmt. Die am 30. Oktober startende Saison wird keine einfache für den Neu-Kalifornier.

Wurde Liga-Grande LeBron James für die selbstherrliche Verkündung seines Wechsels von Cleveland nach Miami in einer eigens einberaumten Fernsehsendung 2010 geschmäht, wird Howard ein wohl noch stärkerer Sturm der Antipathie entgegenpusten. „Wenn ich etwas aus der ganzen Sache gelernt habe, dann, dass ich es nicht allen recht machen kann. Das Wichtigste war mir, nicht dieselben Fehler wie LeBron bei seinem Wechsel zu machen“, sagt der Geschundene nun. Geklappt hat das nicht.

Ein Tauschgeschäft mehrerer Teams brachte den viel umworbenen Howard von den Orlando Magic zum Glamour-Team um Überspieler Kobe Bryant, sein dortiger Vorgänger Bynum trägt nun das Leibchen der Philadelphia 76ers. Dem vorausgegangen waren Wechselgerüchte und Spekulationen um den viel umworbenen Howard, der der breiten Expertenmehrheit als momentan weltbester „Fünfer“ gilt, athletisch, schnell, defensiv und offensiv stark.

Fehlender Killerinstinkt

Kritiker wie O’Neal aber bemängeln dagegen fehlenden Killerinstinkt, der unbedingte Siegeswille ginge ihm ab, er würde sein ungeheures Potenzial nicht voll ausschöpfen. Mindestens über die gesamte letzte Spielzeit ging das Wirrwarr um die künftige Arbeitsstelle des 2,11-Meter-Manns. Mal schien er zu den Brooklyn Nets zu tendieren, dann wieder waren gar die Dallas Mavericks um Dirk Nowitzki im Gespräch.

Howards Vertrag wäre im nächsten Jahr ausgelaufen, die Magic waren so unter Zugzwang, um wenigstens eine Gegenleistung beim Abgang des Centers zu erhalten. Howard tat wenig bis gar nichts dazu, den Medienhype von Orlando fernzuhalten. Stattdessen erinnern sich nicht nur Fans seines Ex-Teams in Florida an ein nicht enden wollendes Rumgeeiere, das letztlich in Auseinandersetzungen mit Trainer Stan van Gundy gipfelte.

Howard soll als Bedingung für seinen Verbleib bei den Magic die Entlassung des nicht unerfolgreichen Basketball-Lehrers gefordert haben. Dem Management warf er vor, wenig konkurrenzfähige Teams zusammenzustellen – er wolle endlich für einen Titelkandidaten auf dem Parkett stehen, mit Orlando gab es lediglich eine Finalteilnahme 2009. Dann setzte den Teamkapitän auch noch eine Rückenverletzung außer Gefecht.

Die Saison war für Orlando damit gelaufen, van Gundy verlor dann doch noch seinen Job – und Howard war vom geliebten Sonnenschein-Vorzeigespieler zum schwierigen, selbstsüchtigen Problemfall mutiert. Nicht nur in den Augen der Fans, auch einiger Experten. Erst die Macken, dann die Wechselabsichten, und nun auch noch ausgerechnet zu den pompösen Lakers.

Über-Team

Dort soll er zusammen mit Bryant, Flügelspieler Pau Gasol und dem ebenfalls neu verpflichteten Steve Nash ein Über-Team bilden, das auf dem Papier ein Top-Titelkandidat ist. Bryant hat schon Pläne für seinen neuen, hochkarätigen Mannschaftskollegen: „Dwight muss auf dem Platz einfach auch mal ein Arschloch sein, so wie andere große Spieler auch“, empfiehlt der 34-Jährige und führt sich selbst gleich mal als Beispiel an.

„Hier in Los Angeles kann ich endlich wieder ganz ich selbst sein“, sagt Howard. Sein größter Kritiker könnte ihm beim Einleben unterstützen: Auch Shaquille O’Neal wechselte einst aus Orlando nach Hollywood, gewann mit den Lakers drei Meisterschaften. Ein Gespräch zwischen den beiden scheint momentan aber eher unwahrscheinlich.

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