UN-Klimakonferenz in Lima: China wird zum Musterschüler

Die Volksrepublik stößt das meiste CO2 aus. Doch beim Ausbau der Erneuerbaren und bei dem Emissionshandel könnte das Land eine Vorreiterrolle einnehmen.

Dichte Wand: Smog in Beijing. Bild: reuters

PEKING taz | Der Blick aufs Smartphone dürfte gerade erst viele Pekinger entsetzt haben: Auf der App, die den Luftwert in der chinesischen Hauptstadt anzeigt und unter den Bewohnern weit verbreitet ist, kletterte die Kurve in der vergangenen Woche auf über 500 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter. Das ist fast das 20-fache dessen, was die Weltgesundheitsorganisation noch für unbedenklich hält. Angesichts dieser extremen Smogwerte ist es kaum vorstellbar, dass China beim Klimaschutz schon bald eine Vorreiterrolle spielen könnte.

Gut zwei Wochen ist es her, dass sich Chinas Staatschef Xi Jinping mit US-Präsident Barack Obama auf strengere Auflagen beim Klimaschutz geeinigt hat. China hat immerhin zugesagt, dass spätestens 2030 der Höhepunkt des klimaschädlichen CO2-Ausstoßes erreicht sein wird. Zudem kündigte Peking an, den Anteil nichtfossiler Energieträger am Energiemix auf 20 Prozent zu erhöhen.

Das klingt zwar zunächst nicht besonders ambitioniert. Denn dem bereits jetzt mit großem Abstand weltgrößten CO2-Emittenten bleiben 16 lange Jahre, weiter unvermindert Kohlendioxid in die Luft zu pusten. Aber auch wenn sich die chinesische Führung auf der internationalen Bühne auf keine verbindlichen Ziele festnageln lassen will – im nationalen Rahmen passiert in China derzeit jede Menge.

Vergangene Woche hat der chinesische Staatsrat einen neuen Energieplan vorgestellt, der Chinas Kohleverbrauch bereits ab 2020 deckeln soll. Zudem soll Chinas Emissionshandel 2016 auf das gesamte Land ausgeweitet werden. Bislang existiert er in sieben Pilotregionen.

Anders als in Europa scheint dieses klimapolitische Instrument in der Volksrepublik zu funktionieren. Es sieht vor, dass jedes Unternehmen nur eine bestimmte Menge CO2 in die Luft pusten darf. Wird die Menge überstiegen, muss das Unternehmen zusätzliche Zertifikate erwerben. Liegt es darunter, kann es seine Anteile verkaufen.

Billige Zertifikate in der EU

Das Problem in der Europäischen Union: Die Wirtschaftskrise und die Ausschüttung von zu vielen Emissionszertifikaten haben dazu geführt, dass der Preis für die Zertifikate zu billig ist. Für die Unternehmen gibt es derzeit daher nur wenig Anreize, in saubere, aber kostspieligere Energie zu investieren. Klimaschützer fordern daher schon seit geraumer Zeit, die Stückzahl der Zertifikate zu verknappen oder Mindestpreise einzuführen. Dagegen stemmt sich die Kohlelobby.

China hingegen hat sich vorbehalten, die Anzahl der Zertifikate jederzeit zu reduzieren. Seitdem der Handel Anfang 2013 in sieben Pilotregionen angelaufen ist, wurden offiziellen Angaben zufolge Emissionszertifikate von insgesamt mehr als 13 Millionen Tonnen Kohlendioxid gehandelt. Diese Zusagen sind nicht so verbindlich wie eine internationale Verpflichtung.

Auch die Fünfjahrespläne, ein in der Volksrepublik weiter gepflegtes Relikt aus Zeiten der sozialistischen Planwirtschaft, werden bei Weitem nicht allesamt umgesetzt. Und doch setzen sie landesweit den Kadern und Parteisekretären klare Ziele, die sie zumindest anzustreben haben.

Schnelle Drosselung und Erneuerbare

Bislang haben sich bereits rund ein Drittel der chinesischen Provinzen verpflichtet, den CO2-Ausstoß bereits bis 2017 zu drosseln. Und erste Erfolge gibt es auch schon: In diesem Jahr ist der Kohleverbrauch im Vergleich zum Vorjahreszeitraum tatsächlich leicht zurückgegangen. Das dürfte zwar auch daran liegen, dass die Wirtschaft insgesamt nicht mehr ganz so schnell wächst wie in den Jahren zuvor.

Doch sie ist im gleichen Zeitraum nur um wenige Zehntelprozentpunkte weniger gewachsen. Der Kohleverbrauch hingegen ist um mehr als 1 Prozent geschrumpft. Der Zenith sei wahrscheinlich noch nicht überschritten, vermutet Lauri Myllyvirta von Greenpeace Ostasien. „Aber es ist ein Zeichen, dass sich China von Kohle wegbewegt.“

Hinzu kommt der massive Ausbau der erneuerbaren Energien. Allein 2013 hat China seine Windkraftkapazität um 16 Gigawatt ausgeweitet und damit mehr als die Hälfte der weltweit neu installierten Leistung. Auch beim Ausbau der Solarenergie steht das Riesenland an der Spitze.

Die deutsche Klimaschutzorganisation Germanwatch spricht bereits von einer „Energierevolution“, die sich derzeit im Reich der Mitte abspielt. Sie dürfte die politischen Entscheidungsträger in der EU „vor Neid erblassen“ lassen.

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