UN-Diskussion über Artenschutz: Zwei Drittel weniger Tiere

Der Mensch vermehrt sich, die Natur stirbt. Die UNO will erreichen, dass im Jahr 2020 17 Prozent der Landmasse der Erde unter Schutz stehen.

Eine Biene schwebt vor einem Weidekätzchen

Es summen immer weniger Bienen in Europa Foto: dpa

BASEL taz | Es wäre fast so, als ob ganz Europa und Südamerika Naturschutzgebiete wären: Die Vereinten Nationen wollen, dass bis 2020 17 Prozent der Landmasse der Erde unter Schutz stehen, dazu 10 Prozent der Ozeane. Wie das erreicht und der Raubbau an der Natur gestoppt werden kann, darüber diskutieren die Mitgliedsländer der UN-Artenschutzkonvention CBD seit Sonntag in Cancún in Mexiko.

Die Zeit drängt, denn das Leben auf der Erde wird weniger: Die Umweltorganisation WWF erwartet, dass im Jahr 2020 zwei Drittel weniger Tiere leben als 50 Jahre zuvor. Die Schätzung beruht auf der Zählung der Populationen von über 3.500 Arten an Säugetieren, Vögeln, Fischen, Amphibien und Reptilien. Hauptgrund für den Rückgang ist meist der Verlust an Lebensraum, in den Meeren die Überfischung.

Die gute Nachricht ist, dass die Zielmarke der Schutzgebiete, die sogenannten Aichi-Ziele, erreicht werden kann. 15 Prozent der Landfläche, ohne die Antarktis, 10 Prozent der Territorialgewässer und 4 Prozent der Hochsee stehen mittlerweile unter Schutz. Probleme bereitet aber noch die Qualität des Managements dieser Schutzgebiete, sagt Erik Solheim, der Chef der UN-Umweltprogramms Unep „Die riesigen Fortschritte im letzten Jahrzehnt hinsichtlich der Zahl und Größe der Schutzgebiete müssen nun durch Verbesserungen der Qualität ergänzt werden.“

Das Bruttosozialprodukt der Bienen

Wie wichtig der Artenschutz für das Wohlergehen der Menschheit ist, zeigen Bienen und andere Bestäuber. Sie sind für 5 bis 8 Prozent der globalen Nahrungsmittelproduktion notwendig und schaffen einen Mehrwert von 235 bis 577 Milliarden Dollar pro Jahr, wie ein neuer Bericht des Weltbiodiversitätsrat IPBES zeigt. Der Bestand an Bestäubern geht aber weltweit zurück.

In Europa ist der Bestand an Bienen um 37 Prozent und der Bestand an Schmetterlingen um 31 Prozent gesunken. „Die wachsende Gefährdung von Bestäubern, die eine wichtige Rolle bei der Nahrungssicherheit spielen, ist ein weiteres Beispiel dafür, wie stark unser Schicksal mit dem der Natur verwoben ist“ sagt Solheim.

Nick Graham, Universität Lancaster

„2016 hat viele Korallenwissenschaftler schockiert“

Ähnlich sieht es auch beim Fischfang aus. Korallenriffe sind die Kinderstube vieler Fischarten. In den letzten beiden Jahren hat die bislang längste bekannte Korallenbleiche die Riffe dezimiert. 2017 wird das Sterben weitergehen – am Ende sind nur noch die weißen Gehäuse der Korallen übrig. Die langfristigen Folgen sind noch unklar, sagt Nick Graham von der Lancaster-Universität: „Das 2015/2016-Ereignis hat viele Korallenwissenschaftler schockiert. Wenn sich das nächstes Jahr fortsetzt, sind wir in unerforschtem Gebiet.“ Der Nutzen von Korallenriffen für den Tourismus, den Fischfang und den Küstenschutz wird auf 30 Milliarden Dollar geschätzt.

Edward Wilson von der Harvard-Universität sagt, die Schutzziele der UN seien „bei Weitem nicht genug“. Er fordert, die halbe Welt zu schützen. „Menschen verstehen Ziele“, schreibt er in seinem neuen Buch „Half-Earth“. „Sie brauchen einen Sieg und nicht nur die Nachricht, dass Fortschritt gemacht wird. Es liegt in unserer Natur, große Ziele anzustreben, die vielleicht schwer zu erreichen sind, dafür aber entscheidend und von universellem Nutzen.“ Der Schutz der eigenen Art durch den Schutz aller könne ein Ziel sein.

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