UN-Blauhelme in Zentralafrika: Vergewaltiger sollen abziehen

Nach neuen Vorwürfen will der Chef der UN-Mission in der Zentralafrikanischen Republik die inkriminierten Soldaten nach Hause schicken.

Mehrere UN-Blauhelmsoldaten in einer Menschenmenge

Helfer oder Täter? UN-Blauhelmsoldaten in der Zentralafrikanischen Republik. Foto: ap

BERLIN taz | „Die Männer trugen ihre Uniformen und hatten Gewehre. Ich lief an ihnen vorbei und einer packte mich an meinen Armen und der andere riss mir die Kleider vom Leib. Sie zerrten mich ins hohe Gras und einer hielt meine Arme fest, während der andere meine Beine niederdrückte und mich vergewaltigte. Der Soldat, der meine Arme festhielt, versuchte, mir den Mund zuzudrücken, aber ich konnte trotzdem schreien. Deswegen mussten sie weglaufen, bevor der zweite Soldat mich vergewaltigen konnte.“

Diese Aussage einer 14-jährigen Zentralafrikanerin über ihr Erlebnis auf dem Nachhauseweg am Flughafen der Stadt Bambari eines Abends im November 2015 hat die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ (HRW) dokumentiert – zusammen mit zahlreichen anderen, die am Donnerstag veröffentlicht wurden. Am Flughafen von Bambari stehen Soldaten aus Kongo-Brazzaville im Rahmen der UN-Friedensmission Minusca. Das 120 Mann starke Kontingent aus diesem Land wurde am Donnerstagabend unter Hausarrest gestellt und soll das Land verlassen.

Es hat schon zahlreiche Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen UN-Blauhelme sowie französische Soldaten in der Zentralafrikanischen Republik gegeben. Erst im August 2015 war deswegen der damalige Leiter der UN-Mission zurückgetreten, zahlreiche interne UN-Untersuchungen haben die Vorfälle bestätigt.

Die Zentralafrikanische Republik hat seit fast drei Jahren keine funktionierende Regierung mehr, die UN-Truppen sollen eigentlich den Frieden wahren, freie Wahlen ermöglichen – die Stichwahl um die Präsidentschaft soll am 14. Februar stattfinden – und die Bevölkerung vor bewaffneten Gruppen schützen. Aber immer wieder machen sie durch gekauften Sex mit lokalen Frauen und Vergewaltigung von Minderjährigen von sich reden.

„Er riss mir die Kleider herunter“

In Bambari befindet sich einerseits ein UN-Kontingent aus Kongo-Brazzaville am Flughafen, außerdem in der Stadt selbst eine Einheit aus der Demokratischen Republik Kongo – ein Land, dessen Armee für brutale sexuelle Gewaltverbrechen an der eigenen Bevölkerung berüchtigt ist.

Eine weitere 14-Jährige aus Bambari berichtet HRW über ihre Erfahrung mit diesen Kongolesen: „Ich ging auf einem Pfad an einem Minusca-Wachposten vorbei, als ein Soldat mich ansprang. Er gab mir eine Ohrfeige und zwang mich, weiterzulaufen. Wir liefen zusammen, dann riss er mit die Kleider herunter und fesselte damit meine Hände hinter dem Rücken. Er warf mich zu Boden, legte sein Gewehr beiseite und bestieg mich, um mich zu vergewaltigen. Als er fertig war, ging er einfach.“

Bambari ist ein Mikrokosmos des zentralafrikanischen Bürgerkrieges. Einst die zweitgrößte Stadt des Landes, diente die Hauptstadt der Provinz Ouaka als Hauptquartier der muslimischen Seleka-Rebellen, nachdem diese sich nach einigen Monaten katastrophaler Herrschaft Anfang 2014 aus der Hauptstadt Bangui zurückzogen. antimuslimische Anti-Balaka-Milizen versuchten, die Seleka-Rebellen aus Bambari zu vertreiben; jede bewaffnete Gruppe nahm Kriegsvertriebene nach religiöser Zugehörigkeit auf. Die Stadt wurde geteilt.

Manche Vertriebene überleben nur, indem sie sich für die UN-Soldaten prostituieren, vor allem die aus Kongo-Brazzaville am Flughafen, so HRW. Die Vergewaltigungsopfer, deren Schicksale die Menschenrechtsorganisation dokumentiert, lebten allesamt in UN-geschützten Lagern.

UN-Missionschef fordert Bestrafung

Das 120 Mann starke Minusca-Kontingent aus Kongo-Brazzaville in der Zentralafrikanischen Republik werde unter Hausarrest gestellt und soll das Land verlassen, kündigte der Chef der UN-Mission, Parfait Onanga-Anyanga aus Gabun, am Donnerstag bei einem Besuch in Bambari an. Das 800 Mann starke Kontingent aus der Demokratischen Republik Kongo ist bereits zur Heimreise aufgefordert worden.

„Ich werde nicht nachlassen, bis diese fürchterlichen Taten aufgedeckt werden, die Täter bestraft sind und die Vorfälle ein Ende finden“, so Onanga-Anyanga.

Human Rights Watch lobte die schnelle Reaktion der UN-Mission. Nach den UN-Regeln müssen Straftaten, die von Blauhelmen begangen werden, vom jeweiligen Entsendestaat verfolgt werden. Die UNO kann Verdächtige lediglich aus ihren Missionen ausschließen und nach Hause schicken, aber keine eigenen Gerichtsverfahren einleiten.

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