Türkisches Referendum in Deutschland: Stichtag zur Registrierung

Wie können türkische Staatsangehörige von Deutschland aus ihre Stimme beim Referendum abgeben? Wir haben es herausgefunden.

Nein, ja, vielleicht? Foto: dpa

Der Termin für das bevorstehende Referendum wurde veröffentlicht. Am 16. April wird in der Türkei über eine Verfassungsänderung abgestimmt. Der Volksentscheid wird unter dem nach heutigem Stand bis zum 19. April andauernden Ausnahmezustand stattfinden.

In den letzten Monaten ist Deutschland zum neuen Zuhause für viele Menschen geworden, die gezwungen waren, aus der Türkei zu fliehen. Dieser Artikel richtet sich auch an diejenigen türkischen Staatsbürger*innen, die erst vor kurzem hierher gekommen sind. Die damit beschäftigt sind, eine Wohnung, einen Sprachkurs zu finden, eine Steuernummer zu beantragen oder andere Dinge, die der deutsche Staat verlangt. Vielleicht haben sie deshalb die bürokratische Hürde, sich für die Wahl zu registrieren, noch nicht genommen.

Deshalb haben wir einige Informationen darüber zusammengetragen, wie türkische Staatsangehörige von Deutschland aus ihre Stimme beim Referendum abgeben können.

Der 26. Februar ist ein wichtiges Datum

Um bei dem bevorstehenden Referendum ihre Stimme abgeben zu können, müssen sich türkische Staatsangehörige mit ihrem Personalausweis oder Pass zum beim nächstgelegenen Konsulat registrieren lassen. Am 10. März werden die Adressen der Wahllokale veröffentlicht; gewählt wird in Deutschland zwischen dem 27. März und 9. April.

Der 26. Februar ist für in Deutschland lebende türkische Staatsangehörige ein sehr wichtiges Datum. Auch wenn laut einer Meldung des türkischen Konsulats der letzte Termin für die Registrierung zur Wahl der 15. Februar gewesen ist, können sich Bürger*innen, die nicht auf der Liste der türkischen Wahlbehörde stehen, bis zum 26. Februar zur Wahl registrieren. Dafür müssen sie ein Widerspruchsformular ausfüllen, mit dem sie in einer Art Nachrückverfahren in die Wahlliste aufgenommen werden.

Hier können Sie sehen, ob Sie an der richtigen Stelle registriert sind, um Ihre Stimme abgeben zu können.

Interessant ist die Informationspolitik von türkischen Regierungsstellen wie den Konsulaten und Botschaften, die die Fürsorge für ihre im Ausland lebenden “Schützlinge“ haben. Auf den offiziellen Internetauftritten der Botschaft und des Berliner Konsulats gibt es keine brauchbaren Informationen zum Wahlverfahren. Erst bei einem Klick auf ihre Auftritte in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter finden sich verschiedene Informationstexte und sogar Grafiken.

Die Kommunikationsstrategie wirkt auch deshalb unsystematisch, weil der letzte Termin zur offiziellen Registrierung (15. Februar 2015) erst einen Tag vor Ablauf der Deadline in einem Facebook-Posting des türkischen Konsulats veröffentlicht wurde. Im selben Post wird auf den sogenannten “Widerspruchszeitraum“ verwiesen. Auf telefonische Nachfrage beim Konsulat für Informationen werden Bürger*innen auf die Telefonhotline der türkischen Wahlbehörde verwiesen – 24 Stunden erreichbar unter der Nummer +90 444 99 75 bis zum 17. April, also einen Tag nach dem Referendum.

Eine schwierige Entscheidung

Bei den Parlamentswahlen am 1. November 2015 haben in Deutschland 1,4 Millionen türkische Staatsbürger*innen gewählt. Wir wissen nicht, ob die Wahlbeteiligung beim bevorstehenden Referendum höher oder niedriger sein wird.

Es kann sein, dass viele hier lebende türkische Staatsangehörige für eine vom Terrorismus befreite starke Türkei mit “Ja“ stimmen wollen. Mal abgesehen von der rechtlichen Legitimierung der Verfassungsänderung ist es nicht einfach, die weiteren Folgen dieses Referendums einzuschätzen. Andere wollen wiederum womöglich gar nicht zur Wahl gehen, weil sie glauben, dass sich ohnehin nichts verändern wird. Außerdem gibt es diejenigen, die beschlossen haben, das Referendum zu boykottieren, weil sie es nicht für legitim halten.

Dass die Regierung in der Bevölkerung massiv für die Gesetzesänderung, also fürs “Ja-Sagen“ wirbt, ist bekannt. Die Nein-Sager hingegen organisieren sich in zivilgesellschaftlichen Verbänden, auch im europäischen Ausland. So gibt es eine europaweite Nein-Plattform, ein Zusammenschluss aus linksorientierten Migrantenorganisationen und Vereinen, der in Köln einen deutschen Ableger hat.

Für Bürger*innen, die keinem der beiden Lager aktiv angehören, ist die Informationslage nicht einfach zu überblicken. In dieser Situation stellt sich auch die Frage, wie viele türkische Staatsangehörige möglicherweise ihre Registrierung verpassen und somit ihr Wahlrecht verwirken.

Laut der türkischen Botschaft in Berlin gibt es in Deutschland derzeit 1.409.909 registrierte Wähler*innen. Es wird sich zeigen, ob sich hiesige türkische Staatsangehörige für die Legitimierung eines “Ein-Mann-Regimes“ in einem Land, in dem sie selbst nicht leben, entscheiden, oder sich für den Erhalt der Gewaltenteilung entscheiden, dessen Privilegien sie selbst hier genießen.

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