Tschechisches Atomkraftwerk: Ausbaustopp für Temelin

Die tschechischen Elektrizitätswerke werden das AKW in Südböhmen vorerst nicht erweitern. Grund sind fehlende Strompreisgarantien des Staates.

Bleibt erstmal, wie es ist: das AKW Temelin. Bild: reuters

PRAG taz | Das umstrittene tschechische Atomkraftwerk Temelin soll nicht, wie geplant, ausgebaut werden. Das beschloss der Betreiber des südböhmischen Meilers, die Tschechischen Elektrizitätswerke (ČEZ). Grund ist die Weigerung der tschechischen Regierung, der ČEZ staatliche Garantien für den Preis des Atomstroms zu leisten. „Wir haben klar gesagt, dass wir zu diesem Zeitpunkt jegliche Art von staatlichen Garantien ablehnen“, sagte Tschechiens sozialdemokratischer Ministerpräsident Bohuslav Sobotka.

Die Entwicklung auf dem Energiemarkt, so Sobotka, sei „maximal unvorhersehbar“, daher könne sich die Regierung nur schwer an einen garantierten Strompreis binden. Ohne die Regierung im Rücken sei das finanzielle Risiko des Ausbaus einfach untragbar, sagte ČEZ-Chef Daniel Beneš. „Das können wir so nicht vor unseren Investoren verteidigen“, meinte er.

Momentan bewegen sich die Strompreise an der Börse auf einem solch niedrigen Niveau, dass sich die Investition in einen Ausbau möglicherweise gar nicht amortisieren würde. „Heute sind sämtliche Investitionen, deren Profit vom Verkauf von Strom auf dem freien Markt abhängen, gefährdet“, sagte Beneš. Aus diesem Grund hat die ČEZ jetzt das Auswahlverfahren für den Ausbau des AKW Temelin, das derzeit aus zwei 1.000-Megawatt-Druckwasser-Reaktoren des russischen Typs WWER besteht, gestoppt.

Der Ausschreibungsvorgang lief seit 2009 und hat in einem Wettkampf zwischen Ost und West gemündet. Die Finalisten im Kampf um die AKW-Erweiterung, die auf zwischen 12 und 20 Milliarden Euro geschätzt wurde, waren die US-amerikanische Westinghouse und ein Konsortium, das auf den wohlklingenden Namen MIR 1200 (Frieden 1200) hört und aus der russischen Atomstromexport und der tschechischen Firma Škoda J.S. besteht. Noch in diesem Jahr hätte der Sieger des atomaren Wettstreits gekürt werden sollen; den Beginn des eigentlichen Ausbaus um zwei Blöcke hatte man auf 2016 gelegt.

AKW-Aus ist kein Atomkraft-Aus

Ob das Aus für das vor allem in Österreich und Bayern ungeliebte AKW nur vorläufig oder endgültig ist, mag ČEZ-Chef Beneš noch nicht sagen. Er glaubt auch weiterhin, dass Atomkraft der Schlüssel zur tschechischen Energieversorgung bleibt. „Die Gefahr, dass wir in 20 Jahren nicht fähig sein werden, den Energieverbrauch in unserem Land zu decken, ist noch immer akut. Nur müssen wir unsere Pläne an die Änderungen angleichen, die jetzt in Brüssel vorbereitet werden.“

Das Konzept zur tschechischen Energieversorgung, das noch die vorherige liberal-konservative Regierung vorbereitet hat, rechnet jedenfalls fest damit, dass der Anteil von Atomstrom am tschechischen Energiemix in den kommenden 20 Jahren von einem auf zwei Drittel erhöht wird.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.