Treffen Kerry-Lawrow zur Ukraine: Reden, das ist doch was

Die USA und Russland unternehmen einen neuen Anlauf zu einem diplomatischen Ausweg aus der Ukraine-Krise – und stellen fest, dass die Vorstellungen weit auseinanderliegen.

Unterschiedlicher Auffassung: Außenminister John Kerry und Sergej Lawrow Bild: ap

MOSKAU/PARIS dpa | Ein Treffen von US-Außenminister John Kerry mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow hat vorerst keinen Durchbruch in der Ukraine-Krise gebracht. „Wir haben unterschiedliche Ansichten zu ihrer Entstehung“, sagte Lawrow am späten Sonntagabend nach einem mehrstündigen Gespräch mit Kerry in Paris. „Aber wir wollen gemeinsam Berührungspunkte zur Lösung der Lage in der Ukraine suchen.“

Kerry betonte, es werde „keine Entscheidung über die Ukraine ohne die Ukraine“ geben. Eine Lösung der Krise könne er nur in enger Abstimmung mit der Regierung in Kiew akzeptieren.

Die beiden Politiker hatten sich nach dem Krim-Referendum und dem Anschluss der Halbinsel an Russland zuletzt am 24. März in Den Haag am Rande des Nukleargipfels getroffen. Zuvor suchten die beiden am 14. März in London nach einem Ausweg aus der Krise. Der Anschluss der Krim wird vom Westen als Bruch des Völkerrechts gewertet.

Dem US-Minister zufolge war das mit Spannung erwartete Gespräch von einer offenen Atmosphäre geprägt. Dabei habe er Lawrow klargemacht, dass Washington das russische Vorgehen auf der Krim weiterhin als illegal ansehe. Jeder wirkliche Fortschritt in der Ukraine müsse zudem den Rückzug der russischen Verbände von der Grenze zur Ukraine beinhalten. „Diese Truppen schaffen ein Klima der Angst und Einschüchterung in der Ukraine“, sagte Kerry.

Die USA und die internationale Gemeinschaft stünden zu ihrer Unterstützung der territorialen Integrität der Ukraine, bekräftigte er. „Wir werden die Ukrainer weiterhin dabei unterstützen, ihre Zukunft selbst zu bestimmen.“ Lawrow habe in dem Gespräch bestätigt, dass Russland dieses Recht der Ukraine respektieren wolle.

Nach jeder Präsidentenwahl eine neue Verfassung

Lawrow sagte nach dem Gespräch, die Ukraine könne nicht als einheitlicher Staat funktionieren, sondern als lose Föderation von Regionen, die eigene Wirtschaftsmodelle sowie Sprache und Religion wählen könnten. Nach jeder Wahl eines neuen Präsidenten habe sich die Ukraine eine neue Verfassung gegeben. „Das zeigt, dass das Modell eines einheitlichen Staats nicht funktioniert.“

In das Gespräch war Lawrow auch mit der Forderung gegangen, die Ukraine müsse sich zu Neutralität verpflichten und auf einen Nato-Beitritt verzichten.

Die Übergangsregierung in Kiew hatte Forderungen nach einer Verfassungsreform bereits zuvor als „Besserwisserei“ zurückgewiesen. Lawrows belehrender Ton zeige, dass der „Aggressor Russland“ nur an einer Kapitulation der Ukraine interessiert sei und nicht an einer Lösung des Konflikts, teilte das Außenministerium am Sonntag mit.

In Kiew gedachten derweil Tausende der Opfer der Proteste auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan). Daran nahmen auch Ex-Boxchampion Vitali Klitschko und der Unternehmer Pjotr Poroschenko teil. Dem mit Klitschko verbündeten Poroschenko werden bei der Präsidentenwahl am 25. Mai gute Chancen eingeräumt. Klitschko hatte am Samstag überraschend auf eine eigene Kandidatur verzichtet, er will sich stattdessen ein drittes Mal um den Posten des Kiewer Bürgermeisters bewerben.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow lobte am Sonntag die Telefonate von Präsident Wladimir Putin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als „konstruktiv“. „Diese häufigen Kontakte haben zumindest ermöglicht, einander die Positionen nahezubringen. Das ist in diesen zugespitzten Situationen Gold wert“, sagte Peskow am Sonntag im ZDF. „Die Gespräche sind einerseits ziemlich unnachgiebig. Dennoch sind sie konstruktiv.“

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