Tourismus in der Elfenbeinküste: Sonnenstrand im Terrorschatten

Seit al-Qaida im islamischen Maghreb 22 Menschen tötete, ist das Seebad Grand Bassam leer. Plötzlich spürt das Land die Verwundbarkeit.

ein Mann sitzt auf einer Holzliege unter einem Strohdach

Yede Christian N'takpe in seiner leeren Strandbar in Grand Bassam Foto: Katrin Gänsler

GRAND BASSAM taz | Die Holzstühle und Liegen sind verwittert, an einigen hat sich Moos gebildet. Bequeme Stoffauflagen sind nirgendwo zu sehen. Es fragt auch niemand danach. Seit acht Wochen kommen keine Gäste mehr nach Grand Bassam, beliebtester Naherholungsort der Elfenbeinküste an der Atlantikküste. Yede Christian N’takpe, der am Hauptstrand eine Bar betreibt, schüttelt den Kopf. Seit dem Anschlag vom 13. März machen Urlauber einen großen Bogen um den Ort, der seit dem Jahr 2012 wegen der zahlreichen erhaltenen Häuser aus der Kolonialzeit zum Unesco-Welterbe gehört.

„Natürlich war ich an diesem Sonntag da“, erinnert sich N’takpe an den 13. März und schaut auf den weißen Sandstrand und aufs Meer. „Wir arbeiteten gerade, als die Bewaffneten zwischen 12 und 13 Uhr kamen. Es gab ein erstes Opfer auf meinem Parkplatz. Dann war da eine junge Frau, die in ihr Auto steigen wollte.“ Sieben Tote habe es bei ihm gegeben. „Über die Verletzten sprechen wir erst gar nicht.“ Der große, bullige Mann versucht, so sachlich wie möglich den Hergang zu schildern.

Es starben 22 Menschen, darunter drei der sechs Attentäter. Mindestens 33 wurden verletzt. Al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQMI) erklärte sich für den Anschlag verantwortlich. Die Elfenbeinküste fühlt sich seitdem empfindlich getroffen, wurde sie doch bisher nicht mit islamistischem Fanatismus in Verbindung gebracht. Es gab im Januar eine Warnung aus Frankreich, die viele aber nicht allzu ernst nahmen.

Heute fallen an den Straßen zum kilometerlangen Sandstrand von Grand Bassam ab und zu ein paar Polizisten in dunkelblauer Uniform auf, in der nahen Wirtschaftsmetropole Abidjan haben große Supermärkte Autokontrollen eingeführt. Trotzdem gelingt es jedem, beispielsweise in das Landwirtschaftsministerium im Geschäftsviertel Plateau hineinzukommen, ohne nach dem Namen gefragt, geschweige denn nach Waffen oder Sprengstoff durchsucht zu werden.

Das war eine Fehlentscheidung

Die Sicherheitsfragen treiben auch Eric-Aimé Semien um. Der Jurist leitet die Menschenrechtsorganisation OIDH. In Abidjan wehrt er sich gegen den Tenor, dass der Anschlag eine große Überraschung war. „Es gab viele Anzeichen, auch die Warnung der Terroristen selbst“, sagt er. Im November und Januar hatte es Terroranschläge auf Hotels in den Nachbarländern Burkina Faso und Mali gegeben. „Der Anschlag zeigt die Schwäche des Systems“, so Semien. „Wie konnten die Terroristen aus Mali über den Norden der Elfenbeinküste sowie Abidjan und dann nach Grand Bassam kommen? Auch noch mit Waffen?“

Deshalb hält er es für eine Fehlentscheidung, dass der UN-Sicherheitsrat Ende April das Waffenembargo gegen die Elfenbeinküste aufhob, das 2004 während des Bürgerkriegs verhängt worden war. Das Embargo sei ein Mittel gegen die zahlreichen unregistrierten Kleinwaffen.

Eric-Aimé Semien, Jurist

„Wie konnten die Terroristen aus Mali bis nach Grand Bassam kommen?“

Drei Terroristen wurden in Grand Bassam erschossen, die übrigen drei konnten fliehen. Mehr als zehn Tage dauerte es, bis zwei weitere mutmaßliche Täter verhaftet werden konnten. Mitte April folgte der mutmaßliche Drahtzieher. Alle Verhaftungen fanden in Mali statt. Von Grand Bassam bis an Malis Grenze sind es per Luftlinie mindestens 600 Kilometer quer durch das Land.

Die Genugtuung mancher Ivorer, dass die Täter wohl keine Landsleute waren, quittiert Semien mit einem verächtlichen Schnauben: „Terroristen haben keine Nationalität. Es hätten auch Ivorer sein können. Und in Mali hätten Ivorer angreifen können.“

In Grand Bassam ist es auch Barbetreiber Yede Christian N’takpe egal, welche Staatsangehörigkeit die Angreifer hatten. Sie haben seinen Wohnort in Angst und Schrecken versetzt und machen ihm nun den Alltag schwer. Wie Löhne gezahlt werden sollen, weiß er nicht, und auch nicht, ob die Jungen, die immer Kokosnüsse an Touristen verkaufen, ein wenig Geld bekommen. Dabei hat die Regierung eine Nothilfe von 200 Millionen CFA (305.000 Euro) angekündigt. „Davon ist bei mir aber bisher nichts angekommen“, ärgert sich N’takpe.

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