Toleranzwoche bei der ARD: Spiel ohne Reflexion

Anders, als du denkst: Die ARD wirbt für die Themenwoche der Toleranz und greift dabei gehörig daneben. Spott und Ärger sind die Folge.

Die umstrittenen Motive zur Themenwoche Toleranz Screenshot: ard

Die ARD hat die Themenwoche der Toleranz ausgerufen. Zwischen 15. und 21. November wird es in TV- und Hörfunk sowie auf dem „Toleranzblog“ um Intoleranz und Toleranz gehen. Die Prämisse, dass Toleranz die Antwort auf Diskriminierung sei, bleibt dabei unberührt, obwohl unter anderem die queere Bewegung schon lange fordert: „Akzeptanz statt Toleranz“.

Das mag formelhaft klingen, doch der Slogan spricht an, was auch die Politikwissenschaftlerin Wendy Brown an dem Konzept kritisiert: Tolerieren (Lat. „dulden“) impliziert immer bereits ein Machtgefälle. Wer andere toleriert, glaubt, dass es ihm oder ihr zusteht, sich zu entscheiden, marginalisierte Gruppen trotz ihrer „Andersartigkeit“ zu dulden.

Auch der Leitslogan der ARD-Kampagne „anders als du denkst“ richtet sich offenbar an die, die Vorurteile haben. Wer muss hier also wem beweisen, dass er_sie gar nicht so pervers oder unnütz ist, wie alle immer sagen? Die Poster-Serie zum ARD-Programm wurde auf Twitter bereits hämisch kommentiert: eines der Bilder zeigt einen Mann, der einen anderen auf die Stirn küsst, dazu die Überschrift „Normal oder nicht normal?“

Die Aneinanderreihung soll suggerieren, dass die beiden Männer schwul sind. Wären es zwei Brüder, gäbe es die Frage nicht. In der Tat werden hier problematische Assoziationsketten aufgerufen. Ein schwarzer Mann wird mit der Frage „Belastung oder Bereicherung“ betitelt.

So spielt die Kampagne mit rassistischen Wahrnehmungsmustern, gerade indem sie auslässt, worauf sie sich bezieht: Ein Schwarzer, der „belastend oder bereichernd“ ist, kann wohl nicht deutsch und muss wohl ein Flüchtling sein. Wo soll die Floskel sonst herkommen?

Eine Kampagne, die Diskriminierung herausfordert, statt eingefahrenen Denkmuster zu bedienen, funktioniert mit Sicherheit anders, als die ARD denkt. Satirische Mashups der Posterkampagne ließen wenig überraschend nicht lange auf sich warten.

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