Timo Hildebrand: Ex-Nationaltorhüter im Abseits

Zu jung zum Aufhören: Torwart Timo Hildebrand ist arbeitslos. Er wohnt wieder in seiner Heimatstadt Lampertheim und darf bei Eintracht Frankfurt mittrainieren.

Da spielt er noch: Timo Hildebrand. Bild: ap

FRANKFURT taz | Timo Hildebrand stand ein ganzes Stück weg. Als Armin Veh die Anweisungen erteilte und die Mitspieler einen Kreis bildeten, hielt der neue Trainingsgast der Frankfurter Eintracht noch einen gewissen Sicherheitsabstand, so als gehöre er nicht wirklich dazu.

Und als danach auf dem sonnenüberfluteten Areal vor der Frankfurter Arena über den ganzen Platz gespielt wurde, raunten die rund 70 Kiebitze am Rande hörbar, als der prominente Torhüter erst bei einer harmlosen Flanke auf der Linie verharrte und dann einen noch harmloseren Weitschuss passieren ließ.

Schulterzucken beim Schlussmann. Aber ist das ein Wunder? "Ich habe ein Jahr lang keine Rolle gespielt, ich habe ein Jahr kein Spiel gemacht. Ich muss erst langsam wieder reinfinden", sagte Hildebrand hinterher.

Der 32-Jährige, der sieben Länderspiele und 259 Bundesligaspiele absolvierte und bei der WM 2006 noch hinter den Egomanen Jens Lehmann und Oliver Kahn die Rolle des Teamplayers ausfüllte, ist jetzt schon froh, dass er überhaupt einen Zweitligisten gefunden hat, der ihm ein geregeltes Torwarttraining anbietet. Dafür ist er seinem Extrainer aus meisterlichen Stuttgarter Tagen sehr dankbar, "wir haben immer wieder Kontakt gehabt, und da habe ich einfach gefragt", sagt Hildebrand.

Blonder Ballfänger

Der blonde Ballfänger betrachtet die neue Konstellation auch deshalb als günstige Fügung, weil er privat zurück zu den Wurzeln gegangen ist: Er wohnt wieder in Hofheim, einem Stadtteil von Lampertheim, das von Frankfurt aus in weniger als einer Autostunde zu erreichen ist - wenn die A 5 nicht verstopft ist.

Der FV Hofheim/Ried war Hildebrands Heimatverein, ehe er als damals 16-Jähriger zum VfB Stuttgart wechselte. Von dort zog es ihn auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft im Jahr 2007 fort, und was er hernach erlebte, scheint bis heute nicht wirklich aufgearbeitet.

Dem Vereinslosen fällt es schwer, über seine Zeit beim FC Valencia oder zuletzt bei Sporting Lissabon zu reden. "Valencia, da wollte ich unbedingt hin, das war in meinem Karriereplan drin, aber da herrschte Chaos. Und ja in Lissabon … da habe ich nie eine Chance bekommen. Es ist alles schlecht gelaufen."

Er hat viel gegrübelt; auch über die Unwägbarkeiten des Lebens, und er weiß selbst, dass speziell in seiner Episode in Hoffenheim vor zwei Jahren nicht nur zu viele Gegentore auf sein Konto gingen. "Da bin ich auch selbstkritisch. Hoffenheim ist zu schnell zu hoch gestiegen, und ich habe an mich selbst einen hohen Anspruch gehabt. Ich habe zu viel gesagt dort, hätte dort ruhiger sein müssen."

"Viele junge Torhüter sind nachgekommen"

Es ist dann dummerweise zu ruhig um ihn geworden. Zuletzt hat er sich von Kai Rabe, Torwarttrainer des Regionalligisten Stuttgarter Kickers, allein auf irgendwelchen Dorfsportplätzen Bälle auf die Kiste ballern lassen. Aber für die Provinz ist er noch zu jung und wohl auch zu gut, doch Hildebrand drängt zur Unzeit auf einen mit jungen Klassekeepern gesättigten Arbeitsmarkt. "Es war letztes Jahr schon schwer. Viele junge Torhüter sind in der Bundesliga nachgekommen, die ihre Sache sehr gut machen."

Kontakt zum VfL Wolfsburg solle er haben, hieß es unlängst. "Da ist nichts dran", stellt Hildebrand klar. Und dann sagt der in früheren Zeiten oft schlecht beratene Schlussmann einen Satz, der die Branche aufhorchen lassen müsste: "Ich bin mit sehr viel Demut bei der Sache." Als neuer Berater ist der gut vernetzte Jörg Neblung beauftragt; jener Agent, der einen gewissen Robert Enke betreute.

Hildebrand verrät, dass er nur sehr ungern wieder ins Ausland gehen würde: "am liebsten etwas in Deutschland". Die zweite Liga schließt er nicht ausdrücklich aus. Nur Frankfurt wird kaum sein dauerhafter Arbeitsplatz. Bei aller Verbundenheit - Armin Veh sieht die Eintracht mit Oka Nikolov und Thomas Kessler im Tor "gut aufgestellt". Timo Hildebrand kann das nicht mehr von sich behaupten.

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