Tierschutzgesetz-Novelle: Kastration und Schenkelbrand

Dank der mächtigen Agrarlobby bleibt das Tierschutzgesetz zahnlos. Nicht nur die Ferkelkastration ohne Betäubung ist weiter legal, kritisierten Tierschützer.

Kann dieses Ferkel noch Nachkommen zeugen? Oder wurden ihm ohne Narkose die Eier abgeschnitten? Bild: dpa

BONN dpa | Tierschützer mit Enttäuschung auf das neue Tierschutzgesetz reagiert, denn schmerzhafte Eingriffe und Tierversuche bleiben erlaubt. Die mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP beschlossene Reform sei unzureichend, kritisierte der Deutsche Tierschutzbund am Freitag in Bonn.

Die Organisation Peta sprach von einem schwarzen Tag für die Tiere. Die umstrittenen, schmerzhaften Brandzeichen bei Pferden sind weiterhin möglich, erst 2019 wird dabei eine örtliche Betäubung Pflicht. Auch Ferkel dürfen bis Ende 2018 ohne Betäubung kastriert werden. Das Gesetz muss noch den Bundesrat passieren.

Aus Sicht des Deutschen Bauernverbands erhöhen sich die Anforderungen an den Tierschutz in der Nutztierhaltung durch die Gesetzesnovelle. Den Haltern werde viel abverlangt. Die Bundesregierung müsse sich jetzt verstärkt für gleiche Tierschutzstandards auf europäischer Ebene einsetzen, um Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU zulasten der deutschen Landwirte zu vermeiden, forderte der Verband.

Deutschland sei beim Tierschutz innerhalb der EU auf dem Weg nach unten, sagte dagegen der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder. Der Verband verwies darauf, dass Verbesserungsvorschläge aus dem Bundesrat weitgehend unbeachtet blieben. Die Koalition habe die eigene Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) ignoriert. Ursprünglich wollte Aigner das Kennzeichnen von Pferden mit glühend heißen Eisen abschaffen.

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung bewertete das Gesetz als Erfolg für die deutsche Pferdezucht. Die politischen Entscheidungsträger hätten bei ihrer Entscheidung Sachargumente und wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt, erklärte Theo Leuchten, Vorsitzender des Bereichs Zucht. Die Befürworter argumentieren, dass das Brennen tierschutzrechtlich vertretbar und der alternativen Methode Chippen überlegen sei.

Grüne gegen Schenkelbrand

Die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken geht davon aus, dass das Gesetz in den Vermittlungsausschuss des Bundesrats kommt. „Wir werden uns unter anderem dafür einsetzen, dass das ursprünglich vorgesehene Verbot des tierquälerischen und völlig überflüssigen Schenkelbrands bei Fohlen im Gesetz verankert wird“, sagte die Grünen-Politikerin.

Etwa 20 Millionen männliche Ferkel kommen jedes Jahr in Deutschland zur Welt. Sie sollen künftig vor der schmerzhaften Kastration geschützt werden, die dem Schweinefleisch den Ebergeruch nimmt. „Die Kastration von Ferkeln ist tierschutzmäßig das größere Problem als der Schenkelbrand der Pferde“, betonte der Tiermediziner Jörg Aurich von der Universität Wien. Der Wissenschaftler plädiert für die alternative Methode der Impfung gegen den Ebergeruch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.